Monika Wenzel und ihr Mann haben das Städel Museum zu ihrem Erben bestimmt. Wie es dazu kam, welchem Zweck ihr Vermächtnis dienen soll und was sie anderen interessierten Erblassern empfehlen würden, schildert Monika Wenzel im Gespräch mit Claudia Kaschube – an dem Tag, an dem Johann Friedrich Städel im Jahr 1815 mit der Unterschrift seines Testaments den Grundstein für eine der ältesten Museumsstiftungen Deutschlands legte, am 15. März.
Claudia Kaschube: Ein Besuch im Museum brachte Sie und Ihren Mann auf eine Idee, wegen der wir uns heute treffen. Was war das für eine Idee?
Monika Wenzel: Mein Mann und ich hatten uns schon seit mehreren Jahren immer mal wieder über die Frage eines Testaments ausgetauscht. Da wir keine Kinder haben, waren wir uns einig, dass wir unser Erbe einem gemeinnützigen Zweck zukommen lassen wollen. Aber welchem? Da haben wir lange gerungen. Mein Mann war dafür, Frauen zu bedenken – er sagte, sie seien der bessere Teil der Menschheit. Er dachte an soziale, gesundheitsfördernde Aspekte. Da ich etwas Lokales im Sinn hatte, habe ich mich in meiner Heimatstadt umgesehen, wurde aber nicht fündig.
Dann kam ein Aufenthalt an der Nordsee, bei dem wir wegen schlechtem Wetter nach Hamburg geflohen sind und die Hamburger Kunsthalle besuchten, weil es dort schön warm war. Wir wussten gar nicht, was uns dort erwartet. Es gab eine fantastische Ausstellung der tschechischen Künstlerin Toyen. Ihr facettenreiches Œuvre, ihr politisches Engagement und ihre persönliche Geschichte haben mich so fasziniert, dass ich auf der Heimfahrt sagte: „Das ist es. Können wir nicht die Frauen und die Kunst bedenken?“ Mein Mann war begeistert und stimmte zu.
Wie sind Sie dann darauf gekommen, dass das Städel Museum der richtige Ort, die richtige Institution ist?
Zurück an der Nordsee fiel mir dann wegen des Lokalaspekts das Städel Museum ein. Dann habe ich angefangen, mit dem Handy zu recherchieren. Wir fanden den Jahresbericht und haben gelesen, dass das Städel bis heute eine größtenteils privat finanzierte Stiftung bürgerlichen Rechts ist. Das machte uns glücklich und wir dachten – das passt, dort ist unser Erbe gut angelegt, dort kann es gebraucht werden. Wir hofften, dass sich das Städel der Idee öffnen würde, Frauen zu bedenken. Wir beschlossen, nach unserer Heimkehr anzurufen. Im Städel Museum wurden wir sehr nett empfangen – es war ein wunderbares Gespräch und wir wurden bestens beraten. Unsere Idee wurde immer konkreter, und dann haben wir es gemacht.
Die Geschichte des Museums beginnt mit dem Testament von Johann Friedrich Städel. Er verfügte 1815, dass seine Kunstsammlung und sein gesamtes Vermögen der testamentarisch gegründeten Stiftung zukommen sollten. Er hatte sich im Stifterbrief sogar ausdrücklich gewünscht, dass andere es ihm gleichtun mögen. Und tatsächlich sind seitdem viele Bürgerinnen und Bürger seinem Beispiel gefolgt.
Wie fühlt es sich an, Teil einer „Wahlverwandtschaft“ des Städels zu sein - Teil einer Gemeinschaft von Menschen, darunter auch bekannte Persönlichkeiten und Sammler, denen das Städel am Herzen liegt?
Es hat sich von der ersten Minute an sehr gut angefühlt. Wir haben sofort gemerkt, dass wir Teil einer Gemeinschaft werden und haben uns sehr gut aufgehoben gefühlt. Wir wollten unser Erbe nicht aufteilen, deshalb war uns wichtig, es einer Institution anzuvertrauen, die so ein Erbe stemmen kann. Ein kleiner Verein wäre, glaube ich, überfordert gewesen. Es ist ein beruhigendes Gefühl, auch mit dem Städel Museum als Institution eine Wahlverwandtschaft einzugehen. Beim Team des Städel Museums liegt die Kompetenz zum Thema Engagement. Wir sind willkommen, wir werden einbezogen und sind nah dran an den laufenden Aktivitäten. Das ist sehr schön. Der Aspekt der Wahlverwandtschaft mit prominenten Persönlichkeiten ist für uns eher sekundär, obwohl es natürlich toll ist, Kontakte mit anderen engagierten Menschen zu knüpfen.
Vielen Dank, das freut uns. Es ist uns auch eine echte Herzensangelegenheit. Sie haben in Ihrem Testament festgehalten, dass Ihr Nachlass einem bestimmten Zweck zugutekommen soll. Um welchen Zweck handelt es sich und warum sind Ihnen diese Themen besonders wichtig?
Die Entscheidung, einen bestimmten Zweck im Testament festzuhalten, haben wir nach dem bereits erwähnten Vorschlag meines Mannes gemeinsam getroffen. Wir waren beide der Meinung, dass Frauen in der Kunstszene oft unterrepräsentiert waren und sind. Auch durch meine berufliche Erfahrung im Bildungsbereich sowie als Frauenbeauftragte, habe ich viele dieser Zusammenhänge wahrgenommen und bin dadurch auch auf verborgene Schätze von Künstlerinnen aufmerksam geworden. Daher war es uns ein Anliegen, dazu beizutragen, dass Kunst von Frauen gefördert, bewahrt und ausgestellt wird. Auch im Städel Museum ist das ein wichtiges Thema – ich freue mich schon auf die Ausstellungen „KOLLWITZ“ und „Städel | Frauen“. Wir hatten auch die Förderung von Bildung & Personal in Erwägung gezogen. Wir wollten etwas, das bleibt. Daher haben wir beschlossen, die Anschaffung, Restaurierung und Erforschung von Kunstwerken von Frauen zu unterstützen.
Wie schon bei einem Engagement zu Lebzeiten kann man auch als Erblasser – neben der sehr wichtigen allgemeinen Förderung der Museumsarbeit – einen bestimmten Bereich unterstützen. Besonders wertvoll ist es, wenn wir in diesem Fall frühzeitig eingebunden werden und im persönlichen Gespräch die Möglichkeiten des Museums mit den Wünschen und Vorstellungen der Erblasser abgleichen können. Gibt es etwas, das Sie anderen interessierten Erblassern empfehlen würden?
Das Leben kann unvorhersehbar enden, daher ist es beruhigend, wenn die eigenen Angelegenheiten bereits geregelt sind. Ich empfehle deshalb – auch jüngeren Interessierten – möglichst frühzeitig das Gespräch zu suchen, um sicherzustellen, dass persönliche Interessen und Vorlieben berücksichtigt werden können. Nicht jede Institution bietet diese Möglichkeit in dem Maße wie das Städel Museum aufgrund seiner Größe und Vielfalt. Das Städel kann eine Vielzahl von Interessen bedienen und sicherstellen, dass persönliche Themen auch in Zukunft beachtet werden – das ist sehr wertvoll.
Ich möchte auch noch erwähnen, dass ich jedem empfehlen würde, sein Testament notariell verfassen zu lassen. Beim Gespräch mit einem Notar können wichtige Aspekte ans Licht kommen, die man vorher nicht bedacht hat. Es ist sinnvoll, sowohl fachlichen Rat bezüglich der kunstbezogenen Aspekte, beispielsweise vom Städel Museum, als auch rechtlichen Rat von einem Notar einzuholen. Auf diese Weise kann man sicherstellen, dass das Testament den eigenen Wünschen entspricht. Es gibt viele Fallstricke, wenn man sein Testament selbst formuliert, und es wäre unglücklich, wenn am Ende etwas anderes herauskommt, als man beabsichtigt hatte.
Der Hinweis auf eine rechtliche Beratung ist besonders wichtig, denn der „letzte Wille“ muss rechtssicher verfasst werden, damit er auch tatsächlich im Sinne der Erblasser umgesetzt werden kann. Und mit der frühzeitigen Kontaktaufnahme zu uns, haben wir als Museum die Möglichkeit, das geplante Engagement unserer Förderer durch Einbindung in Aktivitäten unser „Städel Familie“ schon zu Lebzeiten entsprechend zu würdigen.
Zum Abschluss: Was wünschen Sie dem Städel Museum für die Zukunft?
Wir wünschen dem Städel Museum, dass es sich weiterhin tragen und als unabhängige Bürgerstiftung entwickeln und entfalten kann. Und wir wünschen dem Städel Museum, dass es seine exquisite Vielfalt innerhalb der Sammlung behalten und ausbauen kann, die von den Alten Meistern bis zur Gegenwartskunst reicht.
Vielen Dank für das Gespräch, liebe Frau Wenzel und herzlich willkommen in der Städel Familie!
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