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Digital – nicht erst jetzt!

Museen weltweit sind gerade geschlossen – die Coronakrise führt uns schlagartig die Notwendigkeit der Digitalisierung vor Augen. Ausgerechnet jetzt hat die „Digitale Erweiterung“ des Städel fünfjähriges Jubiläum. Was steckt dahinter?

Wie würde der Unternehmer Johann Friedrich Städel, der Gründer der ältesten Museumsstiftung Deutschlands, heute die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung für  sein Herzensprojekt, seine Kunstsammlung, nutzen? Vor fünf Jahren, zum 200-jährigen Jubiläum des Städel Museums, stellten wir uns genau diese Frage. Aus der Antwort wurde die digitale Strategie des Städel Museums – bis heute das Fundament aller unserer Online-Angebote. Im Zentrum steht dabei der Bildungsauftrag, den Städel selbst, von der Epoche der Aufklärung geprägt, in seinem Testament von 1815 festgeschrieben hatte: Seine Kunstsammlung sollte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und vermittelt werden – „zum Besten hiesiger Stadt und Bürgerschaft“. Die Digitalisierung macht es möglich, diesen Wunsch auch über die physischen Grenzen des Museums hinaus zu erfüllen. Dabei trafen wir eine grundlegende Richtungsentscheidung: Die Digitalisierung im Städel sollte aus einer Perspektive der Vermittlung vorangetrieben werden.

Wir gründeten zu diesem Zweck ein abteilungsübergreifendes Strategieteam – also bewusst keine „Digitalabteilung“ – und formulierten ein Mission Statement für den digitalen Raum. Es gab den Rahmen für die kommenden Initiativen vor. Seine Kernpunkte: den Bildungsauftrag in den digitalen Raum zu erweitern (daher der Name Digitale Erweiterung), neue Zielgruppen zu erreichen, die Sammlung zugänglicher zu machen (denn nur ein Prozent des Sammlungsbestandes ist ausgestellt) und schließlich neue Technologien für die Kernaufgaben des Museums  – Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln – zu nutzen. Das Internet sollte uns als kulturelle Plattform dienen. Als Bildungsinstitution wollten wir mit hochwertigen und allgemein verständlichen Inhalten auch eine unabhängige Alternative zu kommerziellen Seiten anbieten

Eines war von Anfang an klar und sollte vielleicht gerade jetzt, angesichts der schließungsbedingten Diskussionen um virtuelle Museen, betont werden: Die digitalen Aktivitäten des Städel verfolgen nicht den Zweck, ein virtuelles Museum im digitalen Raum „nachzubauen“. Unsere Digitale Erweiterung ist als eigenständiges, kostenfreies Angebot zu verstehen, welches das analoge Programm im Museum komplementär ergänzt. Über die unbegrenzte Reichweite des Netzes können wir ein breites Publikum ansprechen und kulturelle Bildung im Allgemeinen sowie die Städel‘sche Sammlung im Speziellen weltweit zugänglich machen.


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Die anfängliche Ausarbeitung der Strategie hat sich über die letzten fünf Jahre bewährt. Jedes neue Projekt muss sich am Mission Statement und an den bereits umgesetzten, zum Teil preisgekrönten Angeboten messen lassen. Das gesamte Team des Städel Museums, aber auch seine Besucherinnen und Besucher, haben über die vergangenen Jahre eine große Kompetenz für kulturelle Bildung im digitalen Raum aufgebaut. Keine große Ausstellung mehr ohne ein passendes Digitorial®, denn wer mehr weiß, der sieht auch mehr. Die Digitale Sammlung wuchs in den letzten Jahren nicht nur inhaltlich an und umfasst nun circa 30.000 umfangreich verschlagwortete Werke, sondern wurde auch technisch stetig weiterentwickelt. Wissenschaftliche Erkenntnisse können im digitalen Raum weit über die Dauer von Ausstellungen und Projekten hinaus bewahrt und sichtbar gemacht werden. Dabei sind die Projekte nie getrieben von der schieren Neuerung oder der Technik, immer steht der Inhalt im Fokus.

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So sammelt das Städel seit 2013 nicht nur Werke von Gegenwartskünstlern und -künstlerinnen, sondern auch deren Erinnerungen in seinem vielstimmigen Oral-History-Projekt Café Deutschland (2018), aber auch im Videoformat Kunst nach 1945. Im Podcast FINDING VAN GOGH (2019), der zur Ausstellung MAKING VAN GOGH veröffentlicht worden ist, bespielt das Städel Museum das aktuell angesagte Hörformat mit der unerhörten Geschichte des letzten großen Porträts von Vincent van Gogh, das seit Jahren aus den Augen der Öffentlichkeit verschwunden ist und ursprünglich mal im Städel hing.

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Das Städel Museum ist als eine der ersten kulturellen Institutionen in Deutschland mit seiner Digitalen Erweiterung online gegangen und hat so den digitalen Transformationsprozess der Museen aktiv mitgestaltet. Der im Jahr 2015 vielleicht noch vorsichtige Umgang vieler Besucherinnen und Besucher hat sich nicht erst seit der Coronakrise in interessierte Neugier verwandelt.

In einer globalen und immer stärker medial geprägten Welt übernehmen Museen auch gesellschaftliche Aufgaben, die über die reine Vermittlung von Kunst und Ästhetik hinausgehen: Es geht auch um die kulturellen Hintergründe zu aktuellen Debatten und darum, diese von unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Dabei erfordern die individuellen Bedürfnisse eines zunehmend auch kulturell heterogenen Publikums ein breit gefächertes Vermittlungsangebot, das unterschiedlichen Interessen und Erfahrungen, aber auch Wissensständen gerecht wird.

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Ziel der Digitalen Erweiterung des Städel Museums ist es daher auch, möglichst vielen verschiedenen Nutzergruppen einen spezifischen Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen. Ob Digitorial®, Imagoras, das Tablet-Game für Kinder, oder der Onlinekurs für moderne Kunst – die neuen Formate verbinden innovatives Storytelling mit einer multimedialen Verschränkung von Bild, Film, Ton und Text und eröffnen neue Wege der Erzählung, Darstellung und Vermittlung von Kunst. Visuelle Effekte unterstützen didaktische Ziele, veranschaulichen künstlerische Bildstrategien und fördern die Bildkompetenz (Visual Literacy) der Nutzerinnen und Nutzer. Damit schafft unsere Digitale Erweiterung auch methodisch einen digitalen Lernraum, der unabhängig von Zeit und Ort genutzt werden kann.

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Gerade die aktuelle Krise macht noch einmal deutlich, worin die größte Herausforderung für die digitale Vermittlung besteht: im verwirrenden Überangebot an Informationen im Netz verlässliche Orientierung zu bieten und Wege des kritischen und mündigen Umgangs mit Wissen zu eröffnen. Mit seinen Aktivitäten auf diesem Feld leistet das Städel hierzu einen wichtigen Beitrag.


Chantal Eschenfelder leitet seit 2007 die Abteilung Bildung und Vermittlung am Städel Museum, Freya Schlingmann ist seit 2016 verantwortlich für den Ausbau und die Weiterentwicklung digitaler Projekte hier am Haus. Beide gehören zum digitalen Steuerungsteam des Städel und sprechen auf Vorträgen regelmäßig über die digitale Strategie des Hauses.

 

Hier geht es zum Überblick über alle Digitalen Angebote und das Mission Statement des Städel Museums.

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