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Dominik Auvermann, Leiter des Depots

Gerade mal ein Prozent der Städel Sammlung ist im Museum ausgestellt. Der Rest befindet sich in zwölf gut gesicherten Depots. Einer behält hier stets den Überblick: Dominik Auvermann.

Marie Luise Blaschke — 2. Februar 2018

Im Museum gibt es unzählige Berufe, den meisten begegnet man als Außenstehender jedoch nie. Einer, der im wahrsten Sinne des Wortes im Verborgenen arbeitet, ist Dominik Auvermann. Er bewegt sich meist „unter Tage“, in den gut gesicherten Sammlungsdepots des Städel. Als Leiter des Depots ist er wahrscheinlich der Einzige, der sich in den labyrinthartigen Gängen der insgesamt zwölf Lagerräume nie verirrt. Zu neun davon hat er den einzigen Schlüssel im Haus.

Depot-Leiter Dominik Auvermann neben einer Skulptur, die nie im Depot landet: Johann Friedrich Städel

Depot-Leiter Dominik Auvermann neben einer Skulptur, die nie im Depot landet: Johann Friedrich Städel

Organisatorisches Talent

Kaum zu glauben, aber 99 Prozent der Städel Sammlung ist nicht ausgestellt, sondern wird in eben jenen Depots aufbewahrt. Fünf beherbergen Gemälde, in weiteren sechs lagern Fotografien, Skulpturen, Rahmen und Arbeiten auf Papier. Gerade die rund 100.000 lichtempfindlichen Grafiken und Zeichnungen müssen aus konservatorischen Gründen die meiste Zeit im Dunkeln aufbewahrt werden.

Dominik Auvermann behält den Überblick, welches Objekt sich wann wo befindet. Seine Hauptaufgabe ist das Verwalten und Organisieren der vollen Lagerräume. Seine größte Herausforderung: Platz für neue Werke zu finden. Die Sammlung befindet sich in ständiger Bewegung. Werke kommen hinzu, werden zwischengelagert, ausgetauscht oder an Museen verliehen.

Besonders wenn es zum Aufbau einer neuen Ausstellung kommt, kann es schnell eng werden. Denn die Kunstwerke brauchen Schutz vor den Umbaumaßnahmen und die Handwerker Platz, um die neuen Architekturen in den Ausstellungsräumen zu errichten. Gemeinsam mit externen Helfern schafft Dominik Auvermann alles in die Depots. Nahezu jedes Kunstwerk aus dem Museum hatte er schon einmal in seinen Händen.

Erster und letzter Mann an der Kunst

Fast jede Woche kommt ein neues Werk in die Städelsche Sammlung. Zu einer der schönsten Aufgaben von Dominik Auvermann gehört es, die Neuankömmlinge auszupacken. Jedes Stück ist bei ihm willkommen, dennoch würde er sich zusätzliche Lagermöglichkeiten für die neuen Schätze wünschen.

Häufig kommt es vor, dass Werke aus dem Städel an andere Museen verliehen werden, rund 300 sind es im ganzen Jahr. Bevor sie das Haus verlassen, ist Dominik Auvermann der Letzte, der die Leihgaben bearbeitet. Dabei achtet er stets darauf, dass die strengen Auflagen der Konservatoren umgesetzt werden, damit die Kunstwerke beim Transport nicht beschädigt werden. Dafür kommen die Objekte in sogenannte Klimakisten, die sie vor Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen und Erschütterung schützen.

In speziellen Fällen reicht die Verpackung alleine nicht aus. Bei besonderen konservatorischen Anforderungen oder einer sehr hohen Versicherungssumme begleitet stets ein Kurier die Werke persönlich. Auch Dominik Auvermann reist hin- und wieder mit – zuletzt mit der Venus von Lucas Cranach nach Paris.

Vom Dolmetscher zum Depotleiter

Und wie wird man nun Depotleiter? So spannend und abwechslungsreich wie seine Aufgaben im Städel ist auch Dominik Auvermanns beruflicher Werdegang: Als Signalfunker bei der Marine absolvierte er eine Dolmetscher-Ausbildung, heute spricht er unter anderem Englisch, Italienisch und Französisch. Bevor er mit der bildenden Kunst in Berührung kam, hat er seit seinem fünfzehnten Lebensjahr in verschiedenen Antiquariaten gearbeitet und unter anderem drei Jahre in den USA gelebt.

Das Städel wurde schließlich am Frankfurter Flughafen auf ihn aufmerksam, wo Dominik Auvermann mittlerweile Kunsttransporte zwischen Flugzeug und Museum abwickelte. 2011 schließlich, nachdem das Städel um vier neue Depots gewachsen war, bot man Dominik Auvermann den Job in der Depotverwaltung an.

Dominik Auvermann ist übrigens auch einer der wenigen Mitarbeiter im Städel, die Kunst und Sport verbinden können: Das Tragen der Objekte und vor allem die 85 Stufen, die er mehrmals am Tag von seinem Büro in die Depots runter- und zurückläuft, machen den Gang ins Fitnessstudio überflüssig.


Marie Luise Blaschke war Praktikantin in der Presse und Onlinekommunikation des Städel. In ihrer letzten Arbeitswoche konnte sie noch mal in die Tiefen der Städel Depots eintauchen.

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