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Ausstellungs­grafiker Albrecht Wild

Viele Gesichter und Berufe sind im Städel anzutreffen, aber es gibt nur einen Ausstellungsgrafiker. Wir haben Albrecht Wild über die Schulter geblickt – auf seinen Schreibtisch voller Labels.

Klara Herrmann — 20. April 2017
Ausstellungsgrafiker Albrecht Wild Seite an Seite mit Museumsstifter Johann Friedrich Städel

Ausstellungsgrafiker Albrecht Wild Seite an Seite mit Museumsstifter Johann Friedrich Städel

„Jedes Zeichen beziehungsweise Leerzeichen hier im Haus wandert durch meine Hände“, so beschreibt Albrecht Wild seinen Aufgabenbereich. Er ist für die Ausstellungsgrafik zuständig, also für alles, was im und rund um das Städel beschriftet ist.

Und da kommt Einiges zusammen: Türschilder, Labels der Werke und Wandtexte. Textwandgestaltung wird sowohl für die Sammlungspräsentation als auch für Sonderausstellungen gebraucht. Am meisten hat Albrecht Wild mit den Labels zu tun. Tausende Werke hat er schon beschriftet, wahrscheinlich schon mit ein paar Millionen Zeichen hantiert.

Kästchenweise Labels

Im Büro von Albrecht Wild stapeln sich die Labels von Werken, die im Moment nicht im Einsatz sind. In Kästchen einsortiert und in Regale eingeräumt warten sie hier auf ihren nächsten Einsatz. Der Weg jedes Labels beginnt in den wissenschaftlichen Sammlungsbereichen, die Albrecht Wild mit Texten und Bildangaben versorgen. Diese setzt er dann in eine feste Label-Maske ein. Es folgen eine Korrekturschleife, der Druck und schließlich die Hängung.

Kästchenweise Labels

Kästchenweise Labels

Das Bild kommt zum Text

Der Ablauf ist immer der gleiche, die Arbeit für Albrecht Wild aber dennoch abwechslungsreich: „Ich sitze nicht nur am Rechner, sondern bin auch im Haus und handwerklich unterwegs.“ Meistens montags, wenn das Museum geschlossen ist und Werke umgehängt werden. Das ist der Moment, in dem der Text zum Bild findet – für Albrecht Wild der spannendste Part: „Ich habe beim Setzen am Computer die Bilder ja nicht vor Augen. Das passiert tatsächlich erst vor Ort, in den Ausstellungsräumen.“

Albrecht Wild in seinem Büro

Albrecht Wild in seinem Büro

Wie ein Satellit

„Am äußersten Ende der (Städel-) Welt“ liegt sein Büro, sagt Albrecht Wild – trotzdem steckt er mit seiner Arbeit immer mittendrin und muss sich mit unterschiedlichen Abteilungen absprechen: „Ich bin hier sowas wie ein Satellit, gehöre zu keiner Abteilung. Das hat auch seine Vorteile, mir guckt eigentlich keiner über die Schulter. Das Label muss zur Eröffnung an der Wand hängen, wie ich da hinkomme, kann ich selbst bestimmen.“

Albrecht Wild an seinem Arbeitsplatz

Albrecht Wild an seinem Arbeitsplatz

Gerade vor Eröffnungen kann es auch einmal zeitlich eng werden. Erst ganz am Ende des Ausstellungsaufbaus ist die Textwandgestaltung an der Reihe, wofür sich Albrecht Wild mit dem Ausstellungdienst abspricht. Bei der Installation gab es auch schon mal Situationen, in denen das Licht ausging, weil gleichzeitig die Beleuchtung angebracht und eingestellt wurde. Der schönste Moment kommt dann am Schluss, „wenn eine Ausstellung fertig ist und gut aussieht.“

Für Sonderausstellungen werden neben der klassischen Textwandgestaltung oft auch Wandabbildungen oder sonstige „Spielereien“ erstellt. „Dieses gestalterische Element macht natürlich am meisten Spaß. Da kann ich mich auch ein bisschen mehr einbringen. “ Hier spricht der Künstler in Albrecht Wild. Genau das ist er nämlich auch: Künstler – ein Städel Kind, wenn man so will.

Von 1984 bis 1990 hat er an der Städelschule bei Thomas Bayrle studiert. Zu seinen Arbeiten gehören Gemälde, Grafiken – von denen sich einige Exemplare übrigens in der Graphischen Sammlung des Städel befinden – und seit einiger Zeit auch kunstvolle Bierdeckel-Collagen. Für die Kunst muss genug Zeit bleiben, als Ausstellungsgrafiker arbeitet Albrecht Wild daher nur halbtags.

Albrecht Wild als Künstler: links eine frühe Zeichnung aus dem Jahr 1993, "56°/95", sie gehört zur Graphischen Sammlung des Städel. Rechts eine aktuellere Arbeit seiner Bierdeckel-Collagen, sogenannten Beermats, "Ukiyo-e I (Utamaro 1)" aus dem Jahr 2014

Albrecht Wild als Künstler: links eine frühe Zeichnung aus dem Jahr 1993, "56°/95", sie gehört zur Graphischen Sammlung des Städel. Rechts eine aktuellere Arbeit seiner Bierdeckel-Collagen, sogenannten Beermats, "Ukiyo-e I (Utamaro 1)" aus dem Jahr 2014

Probieren, probieren, probieren

„Die Hauptsache ist die Kunst, ihr muss sich alles andere unterordnen“, sagt der Künstler und Ausstellungsgrafiker. „Das ist manchmal eine Gratwanderung.“ Einerseits können Wandtexte für die Lesbarkeit meist nicht groß genug sein, andererseits dürfen sie die Kunst nicht stören. Auf den Labels sollen möglichst viele Informationen untergebracht werden, gleichzeitig dürfen sie nicht ablenken. Welches Material soll verwendet werden, welche Farbe? Bei diesen Entscheidungen heißt es: probieren, probieren, probieren. Hier zahlt sich Albrecht Wilds Erfahrung aus.

Lange ist es her

Albrecht Wild ist seit vielen Jahren am Haus: „Hätte ich niemals gedacht: 26 Jahre. Wahnsinn.“ Als er hier angefangen hat, gab es natürlich noch keine Computer. Die Labels hat er noch selbst graviert. Damals schaffte er an einem Tag vielleicht einen Dreizeiler – während er heute 200 Labels pro Tag setzt. Ein dreidimensionales Computerprogramm erleichtert mittlerweile die Ausstellungsplanung, von der Hängung der Kunstwerke bis zu den Wandtexten kann hier alles ausprobiert werden. Daran war vor 26 Jahren auch noch nicht zu denken.


Klara Herrmann war Praktikantin in der Abteilung Presse und Onlinekommunikation. Beim Eintauchen in die Welt der Ausstellungsgrafik faszinierte sie die kreative und handwerkliche Seite dieser Arbeit – eine Arbeit mit haptischem Ergebnis, an dem man sieht, was man getan hat.

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