Wo verbergen sich einst bekannte Gemälde von Mathilde Battenberg und Alice Trübner? Die Beschäftigung mit diesen Künstlerinnen erfordert intensive Archiv-Recherchen, die weit über Frankfurt hinausgehen – einige ihrer Werke sind bis heute verschollen. Ein Aufruf
Die Vorbereitungen für die Ausstellung im Sommer 2024 laufen bereits auf Hochtouren – dabei müssen auch einige Rätsel gelöst werden. Das Städel Museum wird sich in einem großen Ausstellungs- und Forschungsprojekt Künstlerinnen-Netzwerken zwischen Frankfurt und Paris widmen. Die Ausstellung wird einflussreiche, in Frankfurt tätige Künstlerinnen sichtbar machen, etwa Eugenie Bandell, Mathilde Battenberg, Ottilie W. Roederstein, Maria Zimmern-Petrie, Louise Schmidt und Alice Trübner. Im Zentrum stehen ihre künstlerische Entwicklung und der vielseitige und fruchtbare Austausch zwischen Frankfurt und der Weltstadt Paris: „Künstlerinnen dieser Zeit waren sich ihrer gesellschaftlichen Stellung sehr bewusst: Ihrer Möglichkeiten, aber auch den Begrenzungen, denen sie begegneten und die sie zu überwinden versuchten“, erklärt Kuratorin Eva-Maria Höllerer.
Das Projekt knüpft an die Einzelausstellung der Malerin Ottilie W. Roederstein an, die im Sommer 2022 im Städel Museum zu sehen war. Denn das Roederstein-Jughenn-Archiv, das seit 2019 zum Haus gehört, steckt voller Fährten, die es wert sind, aufgenommen zu werden: „Der Bestand legt offen, wie weitreichend Ottilie W. Roederstein vernetzt war, nicht nur mit Künstlerinnen, sondern auch mit Galeristinnen und Intellektuellen ihrer Zeit. Diese auf gegenseitige Unterstützung abzielenden Verbindungen waren für die Karrieren der Frauen von größter Bedeutung, da sie zumeist noch von den Akademien, Berufsverbänden oder wichtigen Ausstellungsmöglichkeiten ausgeschlossen waren“, fasst Eva-Maria Höllerer zusammen.
Sie setzt sich schon seit mehreren Jahren mit den unzähligen Briefen, Fotos und Presseartikeln des Archiv-Konvoluts auseinander und war Kuratorin der Retrospektive über die Malerin. Wer waren die einzelnen Akteurinnen dieses Netzwerks und wie haben sie sich miteinander verbunden? Das Projekt wird offenlegen, wie sie sich organisierten und wie man sich den Ausstellungsbetrieb in Frankfurt um die Jahrhundertwende vorstellen konnte. „Diese Künstlerinnen wurden von der Forschung bislang eher vernachlässigt und es gibt noch viel über ihr Leben und ihr Werk zu entdecken. Eines der Ziele des Projekts ist es daher, ihnen eine neue Sichtbarkeit zu verleihen, damit in Zukunft weiter über ihr Schaffen geforscht wird“, erläutert Aude-Line Schamschula, die das Projekt wissenschaftlich mitbearbeitet und dafür tief in die Register der Städelschule eingetaucht ist, um etwa die Bedingungen an der Kunstschule zur damaligen Zeit besser nachzuvollziehen.
Die umfassenden Recherchen, auch in Pariser Archiven, ermöglichen es zu verstehen, in welch vielfältiger Weise die individuellen Künstlerinnenpersönlichkeiten Einfluss auf die Gesellschaft ihrer Zeit nahmen: Sie waren Lehrerinnen, Sammlerinnen, Mäzeninnen und Vermittlerinnen zwischen den Kunstmärkten sowie Akteurinnen in der Kulturpolitik. Das vielfältige Archivmaterial erzählt auch von Künstlerinnenfreundschaften und internationalen Ateliergemeinschaften sowie von Erfolgen, aber auch vom andauernden Kampf um Anerkennung.
Wer diese Künstlerinnen waren, lässt sich also schon sehr genau nachvollziehen – doch wie viel ihres Schaffens die Zeit überdauert hat, liegt bisweilen im Unklaren. Da ist zum Beispiel das Œuvre von Alice Trübner (geb. Auerbach), das nur in Ansätzen erforscht ist. Alice Trübner (1875–1916) war erst Schülerin bei Wilhelm Trübner, später heirateten sie. In ihren Kunstwerken setzt sie sich selbstreflexiv mit ihrer Rolle als Künstlerin und Ehefrau eines Malerstars auseinander. Nach ihrem Freitod 1916 gibt es zahlreiche Nachrufe, die sich auch auf ihr Werk beziehen, doch die meisten ihrer Gemälde gelten heute als verschollen. Dazu gehören das „Bildnis meiner Kollegin L.“, das zwischen 1900 und 1910 entstanden ist, sowie das kompositorisch ungewöhnliche „Stillleben mit Rosenhut“ (um 1910).
Eine weitere wichtige Protagonistin der Ausstellung ist die Malerin Mathilde Battenberg (1878–1936). Sie selbst wurde von Ottilie W. Roederstein in deren privaten Lehratelier am Städel ausgebildet, ging dann für einige Jahre nach Paris und arbeitete und lehrte zwischen 1905 bis 1933 selbst in einem Privatatelier in der Städelschule. Wenige Werke von Battenberg werden in öffentlichen Sammlungen bewahrt, der größte Teil befindet sich auch heute noch in Privatbesitz. Zahlreiche Gemälde der Frankfurter Malerin wurden bereits für die 2007 in der Ausstellung der Frankfurter Sparkasse „Die Künstlerfamilie Battenberg. Schüler O.W. Roedersteins und Freunde Max Beckmanns“ recherchiert und dort gezeigt. Doch obwohl wir auf die Unterstützung von Frau Dr. Hilke Peckmann – eine der beiden Kuratorinnen von 2007 – bauen konnten, haben einige Werke seit damals erneut den Besitzer gewechselt. Von ihnen fehlt abermals jede Spur.
So ist das kuratorische Team zum Beispiel auf der Suche nach dem Stillleben „Drei Krüge mit Blumen“ (um 1919), das deutlich von der modernen französischen Malerei der 1910er-Jahre inspiriert ist.
Die Recherche ist mitunter mühsam: Da die künstlerische Arbeit von Frauen im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert wenig Beachtung fand, wurden die Werke von Künstlerinnen selten institutionell gesammelt und der Verbleib einiger wichtiger Gemälde ist nach wie vor unklar – vieles befindet sich wohl in Privatbesitz.
Hier kommen Sie ins Spiel: Wir rufen vor allem private Sammlerinnen und Sammler auf und alle, die etwas zum Verbleib der oben genannten Werke beitragen können, sich an der Spurensuche zu beteiligen. Vielleicht besitzen Sie eines der Gemälde oder haben Anhaltspunkte zum Verbleib? Ihre Unterstützung ist von großem Wert, um die verloren gegangenen Werke dieser bemerkenswerten Künstlerinnen wieder ans Licht zu bringen. Wenden Sie sich mit Ihren Hinweisen gerne an Eva-Maria Höllerer und Aude-Line Schamschula unter .
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