Auf eindrucksvolle Weise verbinden Markus Muntean und Adi Rosenblum ihre Identitäten zu einer künstlerischen Handschrift und nähern sich zentralen Themen unserer Gegenwart. Im Interview gibt das Künstlerduo Einblicke in seine „vierhändige“ künstlerische Praxis.
Ihr arbeitet seit den 1990er-Jahren zusammen. Was macht eure gemeinsame Arbeit als Künstlerduo aus?
Unsere künstlerische Praxis ist tatsächlich „vierhändig“. Wir sind beide nicht nur gleichberechtigt an der Erstellung des Bildentwurfs und der Komposition beteiligt, für uns ein bedeutender und essenzieller Teil des Arbeitsprozesses, sondern auch an der folgenden zeichnerischen bzw. malerischen Umsetzung. Es handelt sich um eine individuelle Handschrift, die von zwei Personen entwickelt wird – so haben wir gleichsam eine eigene Persona geschaffen, hinter der wir zurücktreten können.
In euren Werken verschmelzen gegenwärtige Phänomene mit unterschiedlichen Facetten aus der Kunstgeschichte. Welche Motive, Figuren und Methoden bringt ihr hier zusammen?
In unseren Bildern lösen wir Elemente der klassischen Ikonographie aus ihrem Umfeld und überführen sie in einen zeitgenössischen Kontext. Es sind vor allem Gesten und Körperhaltungen, die ein hohes Ausmaß an Expressivität besitzen und beim Betrachter starke Emotionen auslösen können. Wir arbeiten daran, ein Repertoire von Pathosformeln im Sinne des Kunsthistorikers Aby Warburg zu entwickeln, das unabhängig von historischen Festschreibungen in unserer Gegenwart eine Wirkung entfalten und berühren kann.
Die Werke in der Ausstellung „Mirror of Thoughts“ zeigen Orte des Transits. Was fasziniert euch an diesen „Nicht-Orten“?
Die Nichtlokalisierbarkeit dieser Orte ermöglicht es uns, das schon in den Figuren angelegte allgemeine Gefühl der Unbestimmtheit und des Schwebezustands zu verstärken. Wie die dargestellten Personen haben auch sie individuelle Züge und vermitteln eine Atmosphäre, bleiben aber mehrdeutig und wandelbar. Auch unsere Hintergrundmotive sind „Nicht-Orte“ in dem Sinne, dass sie alle konstruiert und aus unterschiedlichen Teilen zusammengesetzt sind. Sie weisen zwar einen zentralperspektivisch definierten Raum auf, sind aber künstliche Gebilde und ziehen so eine Grenze zu jeder Form realistischer Malerei.
In euren Gemälden findet sich auch Text. Was hat es mit diesen Sätzen auf sich und in welchem Verhältnis stehen sie zum Dargestellten?
Wir haben neben einem umfangreichen Bildarchiv auch eines für Texte angelegt. Die Quellen sind vielfältig, aber in hohem Maße von Literatur dominiert. Die Sätze, die uns interessieren, vermitteln eine bestimmte Atmosphäre, einen spezifischen „Geschmack“, der zwischen poetischen Beobachtungen und allgemein formulierten Lebensweisheiten angesiedelt ist. Der Text ist weder Titel noch Erklärung des Bildmotivs. Er bildet eine eigene Ebene und soll ein weiteres Assoziationsfeld eröffnen.
Euer Gesamtwerk umfasst auch Video und Performance. In welchem Verhältnis stehen sie zu euren malerischen Arbeiten?
Im Zentrum unserer künstlerischen Praxis steht die Malerei. So sehen wir auch die Arbeiten, die in anderen Medien entstehen, als Formen einer erweiterten Malerei. Videos ermöglichen es uns, Klang und Bewegung direkt in die Bildkomposition einzubeziehen, während Performances den Raum neu definieren, narrative Strukturen beeinflussen und gleichzeitig eine Grundlage für die Inszenierung der Bilder bilden.
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