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„Die Blendung Simsons“ von Rembrandt

Keine Frage, die Blendung Simsons zählt zu den gewalttätigsten und gleichzeitig größten Bildern des niederländischen Barockkünstlers Rembrandt. Die monumentale Leinwand zeigt die alttestamentarische Heldenfigur Simson im Kampf gegen die Philister. In der Brutalität und Drastik ihrer Inszenierung steht sie blutrünstigen Filmszenen eines Quentin Tarantino in keiner Weise nach.

Axel Braun — 12. Juli 2013
Bild des Monats: Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606-1669); Die Blendung Simsons, 1636; 206 x 276 cm; Städel Museum, Frankfurt am Main

Bild des Monats: Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606-1669); Die Blendung Simsons, 1636; 206 x 276 cm; Städel Museum, Frankfurt am Main

Die Szenerie zeigt einen dunklen, höhlenartigen Innenraum, der von einem einkommenden Lichtstrahl erleuchtet wird. Im Inneren der Höhle wird der Betrachter Zeuge der Blendung des Helden. Simson ist von Gott mit übermenschlichen Kräften gesegnet. Wie jeder anständige Superheld hat auch Simson eine Schwachstelle: Was bei Achilleus die Ferse und bei Superman das Kryptonit, ist bei Simson seine wallende, blonde Haarpracht. Sobald dem Helden die Haare abgeschnitten werden, sind auch seine Kräfte verloren. Nur seiner  Geliebten Dalilah verrät er das Geheimnis seiner übermenschlichen Kraft. Manchmal darf man seiner Geliebten nicht trauen, denn es kommt wie es kommen musste. Sie verrät es just den Philistern und macht mit ihnen gemeinsame Sache. In Dalilahs Schoß eingeschlafen, wird der Held gefangengenommen und seiner Haarpracht beraubt. Obwohl sich Simson noch mit geballten Fäusten gegen die zahlenmäßig überlegenen Angreifer zu wehren versucht, sind seine Mühen vergeblich. Spätestens der Dolch, der Simson mit voller Brutalität in das Auge gerammt wird, sorgt für den finalen Sturz des Helden.

Drastik und Dramatik

Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606–1669) spitzt die Erzählung auf der 206 mal 276 cm umfassenden Leinwand drastisch zu, indem er Dalilah selbst die Schere und den Haarschopf in die Hand gibt und den ungleichen Kampf in einen höhlenartigen Bildraum mit grellem Lichteinfall verlegt. Hastig und planlos überfallen die Philister ihr Opfer: Der Soldat, der ihn zu Boden zieht, begräbt sich selbst unter dem Hünen, der hintere benutzt die Handfesseln unsachgemäß, der dritte, der Simson die Augen aussticht, fasst den Dolch an der Schneide. Oft schon ist in der Malerei die Geschichte der Blendung Simsons dargestellt worden, niemals jedoch in solch einer Drastik und Dramatik wie auf Rembrandts Werk – ein Schock für die damaligen Betrachter und auch noch heute schauen sich unsere Besucher das Bild nur mit vorgehaltener Hand an. Denn wir werden Zeuge eines einzigen Augenblicks höchster Spannung und Dramatik, der den Plot eines ganzen Hollywoodthrillers beinhaltet.

Unerschöpfliche Künstlerpersönlichkeit

Rembrandt zählt seit jeher zu den größten, stilbildenden Künstlern unserer Zeit; alle Jahrhunderte schätzten, sammelten, interpretierten sein Werk und eigneten sich diese faszinierende, in vielerlei Hinsicht unerschöpfliche Künstlerpersönlichkeit auf ihre Weise an. Ein Grund für den raschen Ruhm des Niederländers liegt in seiner dramatischen Lichtregie, diese führt er in der Blendung des Simson nahezu in Perfektion vor. Das Werk ist im Städel Museum in der Sammlung „Alte Meister“ in voller Größe zu entdecken.

Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606–1669);  Die Brücke des Jan Six, 1645; Radierung, 129 x 224 mm; Städel Museum, Frankfurt am Main; Foto: Städel Museum, Frankfurt am Main

Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606–1669); Die Brücke des Jan Six, 1645; Radierung, 129 x 224 mm; Städel Museum, Frankfurt am Main; Foto: Städel Museum, Frankfurt am Main

Zentrales Kapitel seines Schaffens: Die Landschaft

Neben Porträts und Historienbilder beschäftigte Rembrandt zeit seines Lebens noch ein anderes Thema: Die Landschaft. Diesem Sujet widmete sich der niederländische Künstler weniger in der Malerei, dafür umso intensiver in Zeichnungen und Druckgrafiken. Das Städel Museum präsentiert dieses zentrale Kapitel seines Schaffens nun vom 28. August bis 24. November 2013 in der Ausstellung „Rembrandt. Landschaftsradierungen aus dem Städel Museum“. Insgesamt 62 Werke, darunter 46 seltene Radierungen Rembrandts, werden in der Schau ab Ende August zu sehen sein.


Axel Braun leitet die Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Städel Museum.

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