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Dandy im Dienste der Kunst

Für den Schauspieler war es ein ungewöhnliches Engagement: Sebastian Blomberg führt als „Presenter“ durch den Städel Onlinekurs zur Kunst der Moderne. Hier spricht er über das Experiment, seine frühkindlichen Erfahrungen mit dem Städel und lange Hemdsärmel.

Inka Drögemüller — 4. Juli 2016

Bühne frei für Sebastian Blomberg, Museumsführer Ihres Vertrauens

„Kunstgeschichte Online – der Städel Kurs zur Moderne“ ist eines von vielen digitalen Angeboten des Städel – und mit Sicherheit eines unserer aufwendigsten Projekte überhaupt. Der kostenlose Onlinekurs umfasst 40 Stunden multimediales Lernmaterial, die jeder individuell und zeitlich flexibel nutzen kann. Dabei soll der Kurs vor allem eines nicht: langweilen. Hier kommt Sebastian Blomberg ins Spiel.

Was hast Du im ersten Moment gedacht, als Du für den Städel Onlinekurs als „Museumsführer“ angefragt wurdest?

Vor etwa einem Jahr saß ich mit meinem Freund und Produzenten Jörg Schulze in unserer Lieblings-Gin-Tonic-Tränke in Berlin und bekam zu vorgerückter Stunde die Idee präsentiert, als „Presenter“ durch den geplanten Onlinekurs des Städel zu führen. Äh, Presenter? Ich sah mich in den Fluchten des Städel Museums herumstehen und auf Werke der Sammlung zeigen: „Guck ma, Sigmar Polke!“ Aber weit gefehlt. Schnell wurde mir klar, dass ich mich bei diesem Projekt keine Sekunde langweilen würde. Ich durfte mich auf erlesenem Niveau mit hochkarätiger Kunst auseinandersetzen und von ihr lernen. Daher hat mich das Projekt sofort eingenommen.

Kanntest Du das Städel Museum vorher schon?

Ja, das war auch ein wichtiger Beweggrund für mich, zum Städel Onlinekurs beizutragen. Aufgewachsen in Bad Homburg weckt das Städel in mir frühkindliche Erinnerungen. Auf Geheiß meiner Eltern war ich damals in Tuchfühlung mit Allem, was Hilmar Hoffmanns Frankfurt der Achtziger zu bieten hatte. An erster Stelle stand natürlich das Städel – eine Kathedrale für das Hochamt der Kunst, ein Ort, den man sich erarbeiten musste und ein Refugium, um sich vom Schmutz des Alltags zu befreien. Unser Haus war stets in wechselnden Plakatmotivgruppen des Städel Museums tapeziert, mein Bildgedächtnis ist es bis heute.

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Was hast Du im Zuge der Vorbereitung des Onlinekurses gelernt?

Ich habe vor allem viel über das Städel Museum dazugelernt: dass die dort tätige „Taskforce“ aus Kunstverständigen das Thema der Erweiterung nicht ruhen lässt, es im Gegenteil in neue Sphären heben möchte und damit den Sammlungsgründer und Namensgeber des Museums beim Wort nimmt. Nicht nur hat Johann Friedrich Städel seine der Stadt überantwortete Sammlung von Anfang an als etwas Lebendiges verstanden, das sich durch Zukäufe neuer und Verkäufe vorhandener Werke durch die Zeiten wandeln und entwickeln sollte, sondern auch großen Wert auf die Vermittlung und das Lehren von Kunst gelegt. Und diese ehrenwerte Rolle wurde mir nun überlassen: ein Kunstvermittler im Dienste seiner Majestät. Prädikatslos, ohne jeden blassen Schimmer. Und bei den endlosen Diskussionen über den Inhalt der Drehbücher, die auch während der Dreharbeiten eifrig fortgeführt wurden, habe ich noch mal einen ganz neuen, besonderen Zugang zur Kunstgeschichte und zur Sammlung des Städel bekommen.

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Fünf Tage lang warst Du von morgens bis abends für den Filmdreh zum Onlinekurs im Städel Museum unterwegs. Was ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?

Als ich zum ersten Mal bei eingeschalteter Kamera das Museum betrat, stellte sich schnell heraus, dass mein etwas narzisstischer Hang zur Subversion bei den Damen und Herren vollkommen ins Leere lief, indem man meinem Bedürfnis danach ohne jede Einschränkung nachgab – mich sogar zu mehr animierte! Man sah die Mitarbeiter des Städel während der Dreharbeiten mit dem zartesten Grinsen im Hintergrund sitzen, als wollten sie sagen: „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir Dich stoppen werden.“ Man muss sich diesen Haufen charmanter Damen und Herren als eine Art graduierter Drückerkolonne vorstellen, die solange keine Ruhe gibt, bis sie das Äußerste erreicht und bekommen hat. Man hat geduldig meinen letzten Interventionen zu Text und Inhalten zu folgen versucht, Formulierungen geändert, die in zweijähriger Kleinstarbeit zwischen Kunsthistorikern und Filmemachern erstritten und erkämpft worden waren. So wurde ich bei den Dreharbeiten Zeuge und Kollaborateur eines großen Experiments, bei dem keiner der Beteiligten eigentlich wusste, ob es am Ende aufgehen wird. Ich muss sagen, dass mir seit Langem keine Arbeit solchen Spaß gemacht, mich so erfüllt hat, wie dieser Ausflug in gänzlich Unbekanntes.

Mal eine ganz andere Frage zum Abschluss: Warum sind Deine Hemdsärmel so lang im Kurs?

Für meine Mitwirkung am Städel Onlinekurs gab es von Anfang an nur eine Bedingung: Ich will gut dabei aussehen. Ich ging zu einem Herrenausstatter für Hauptstadthipster. Produzent wie Museumsverantwortliche musste ich während meiner Anproben über mögliche und unmögliche Anzugvarianten per Telefon, Facebook, Twitter, Flickr und Instagram auf dem Laufenden halten. Ein Verkäufer, der das miterleben musste, fragte mich nach dem Anlass meines Kleiderkaufs. Während meiner Ausführungen erklärte er mit einem Mal voller Verzückung, wie sehr er Frankfurt und das Städel liebe und erklärte sich selbst zum Fan und regelmäßigen Nutzer der Online-Angebote des Museums. Treffer versenkt. Ich nahm alle drei Anzüge. Um auf die Frage zurückzukommen: Ein bisschen Lässigkeit und Dandytum war unabdingbar für das gute Aussehen im Kurs. Und mal ehrlich – am Ende will doch niemand einen zugeknöpften, ergrauten Kunsthistoriker mit kurzen Hemdsärmeln in einem Onlinekurs des 21. Jahrhunderts sehen, oder?

Der Schauspieler und der Dichter: „Es gab nur eine Bedingung: Ich will gut dabei aussehen.“

Der Schauspieler und der Dichter: „Es gab nur eine Bedingung: Ich will gut dabei aussehen.“


Sebastian Blomberg (*1972) ist deutscher Theater-, Film- und Fernsehschauspieler und lebt zurzeit in Berlin. Er hat bisher auf zahlreichen großen Bühnen gestanden, darunter in Berlin, Wien, Hamburg, Zürich und München. Im Kino war er u.a. zu sehen in „Anatomie“, „Alles auf Zucker“, „Der Baader-Meinhof-Komplex“ und „Palermo Shooting“. Für „Guten Morgen, Herr Grothe“ wurde er mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet.

Die Fragen stellte Inka Drögemüller, Head of International Relations/Externe Partner am Städel, Mitstreiterin des Onlinekurses an vorderster Front und bekennender Fan von Sebastian Blomberg.

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