Es war nie einfacher, Lieblingswerke des Städel nach Hause zu holen. Ob Forschung oder Kreativprojekt – das Team der Digitalen Sammlung bekommt jeden Tag Nachrichten, die zeigen, wie Teilhabe am gemeinschaftlichen Kulturgut aussieht.
Täglich erreichen die Mitarbeiter der Digitalen Sammlung des Städel Museums diese und ähnliche Fragen. Bei über 23.000 gemeinfreien Werken der Sammlung heißt die einfache Antwort: „Ja, uneingeschränkt!“. Zahlreichen Nutzern dürfen sie diese freudige Nachricht täglich überbringen. Doch zwischen den häufig gestellten Fragen finden sich auch persönliche Geschichten, kreative Projekte und spannende Forschungsfragen.
Die Digitale Sammlung, die zentrale Rechercheplattform für den Sammlungsbestand des Städel Museums, ermöglicht den Zugang zu über 30.000 Objekten mit ausführlichen Werkdaten, Informationen zu Provenienz, Konservierung und Restaurierung, Audio- und Videomaterial, einer intensiven Verschlagwortung, Alben und vielem mehr. Dass sie 23.000 gemeinfreie Werkabbildungen kostenlos herunterladen dürfen, ist nur wenigen Nutzern klar. Denn „Public Domain“, „Open Access“ und „Creative Commons“ ist für viele noch unbekanntes Vokabular.
Das Team der Digitalen Sammlung gibt einen Überblick: „Die Digitale Sammlung umfasst Werke, die sich in der Public Domain befinden. Das heißt, jeder darf sie uneingeschränkt nutzen. Und dann gibt es Werke, deren Urheber- und Nutzungsrechte noch nicht erloschen sind. Diese Rechte können bei den Künstlerinnen und Künstlern selbst, deren Nachkommen, Stiftungen oder Verwertungsgesellschaften liegen.“
So liegen die Bildrechte bei Yves Kleins Relief éponge bleu (Kleine Nachtmusik) (1960) beispielsweise bei der Stiftung The Estate of Yves Klein sowie der VG Bild-Kunst, einer Verwertungsgesellschaft für Bilder. Ein Blick auf den Abschnitt „Eigentum und Erwerbung“ in jedem Werkeintrag der Sammlung gibt schnell Aufschluss über die jeweiligen Bildrechte. So kann dieses Werk nur eingeschränkt mit Einholung der jeweiligen Rechte und Bezahlung von Gebühren verwendet werden.
Max Beckmanns Selbstbildnis mit Sektglas (1919) ist hingegen in der Public Domain. Nach Ablauf der Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers unterliegen dessen Werke keinem Urheberrecht mehr, sie sind also gemeinfrei. Die Urheberrechtsreform 2021 bescherte Archiven, Museen und Bibliotheken neue rechtliche Möglichkeiten: Mittlerweile sind auch Reproduktionen dieser Werke, also zum Beispiel die Fotografie eines gemeinfreien Gemäldes, gemeinfrei. Diese Fotografien bieten gleichzeitig ganz neue Möglichkeiten, Kunstwerke zu entdecken: Durch die Zoomfunktion in der Digitalen Sammlung haben engagierte Nutzer zum Beispiel schon versucht, bei Johannes Vermeers Der Geograf (1669) das Atelier des Malers zu lokalisieren.
„Open Access ist im Prinzip der Versuch, Daten so frei und offen wie möglich zugänglich zu machen“, erklärt das Team der Digitalen Sammlung. Und das im Falle des Städel Museums in höchster Qualität. Die meisten Nutzer staunen nicht schlecht, wenn sie hören, dass sie die Bilder kostenfrei downloaden, kreativ und kommerziell verwenden, verfremden, vervielfältigen, verändern und verbreiten dürfen, ohne um Erlaubnis zu bitten.
Dass ein Museum seine Inhalte uneingeschränkt zur Verfügung stellt, ist für viele eine positive Überraschung. Für das Städel Museum gehört es zum Selbstverständnis und führt den 1815 formulierten Stiftergedanken in das digitale Zeitalter. Doch auch für das Team der Digitalen Sammlung zahlt sich der Kontakt zu den fragenden Nutzern aus.
Häufig melden sich Heimat- und Geschichtsvereine mit spannenden Hinweisen, so auch der Heimatkundliche Arbeitskreis Biskirchen. Durch Zufall entdeckte ein Mitglied Carl Theodor Reiffensteins Zeichnung ihrer 1871 niedergelegten alten Kirche (Bischofskirche in Leun-Biskirchen), deren Aussehen der Gemeinde nie wahrheitsgetreu bekannt war. Der Arbeitskreis verwendete die Zeichnungen für eine Publikation zum 150-jährigen Bestehen des Nachfolgebaus. „Das Entdecken der Reiffensteinschen Abbildungen ist für uns eine echte Sensation“, lautete die Nachricht des Vereins an das Team der Digitalen Sammlung, die durch den Hinweis das genaue Geografikum der Zeichnung ermitteln und online hinterlegen konnte.
Auch Schulen können die frei verfügbaren Inhalte vielfältig nutzen. Besonders in Erinnerung geblieben ist dabei das Kreativprojekt einer Klasse der Uplandschule.
Die Schüler kauften nach einem Besuch im Städel Postkarten ihrer Lieblingswerke im Museumsshop, verfremdeten diese, schrieben die Karte an das originale Kunstwerk, welches Sie aus der Digitalen Sammlung herunterladen konnten und stellten es dann mit dem Original in der Digitalen Sammlung gegenüber.
Ein Einblick in das Postfach der Digitalen Sammlung zeigt: Zu den Nutzern der Digitalen Sammlung zählen Künstler und Kreative, Lehrer und Schüler, Wissenschaft und Wissensdurstige, Netz- und Datenaffine, Institutionen, Verwandte und Bekannte – kurz: Die Digitale Sammlung ist für alle da und sorgt für einen aktiven Austausch und mehr Teilhabe am gemeinschaftlichen Kulturgut aus 700 Jahren Kunstgeschichte.
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