Arnold Böcklin verewigte die junge Schauspielerin Fanny Janauschek in einem monumentalen Porträt. Doch Gemälde altern – hinzu kamen Schäden durch frühere Restaurierungen. Chefrestaurartor Stephan Knobloch hat der Bühnenheldin wieder zu Glanz verholfen.
Vier Jahre lang verbrachte „Fanny“ hinter den Kulissen, im Atelier des Städel. Nun, nach aufwendiger Restaurierung, hängt das 1,80 Meter hohe Porträt der Schauspielerin Fanny Janauschek wieder in der Galerie der Moderne. Eingefasst ist es in einen neuen, tatsächlich jedoch einen historischen Architekturrahmen aus der Entstehungszeit des Gemäldes. Die Portraitierte, in einem dunklen Kleid dargestellt, wirkt eher reserviert als theatralisch, geheimnisvoll in sich gekehrt. Ihre zu damaliger Zeit legendäre Schönheit wird vom Künstler in seiner Malerei nicht ausdrücklich betont.
Arnold Böcklin portraitierte die knapp über 30-jährige Fanny Janauschek im Jahr 1861 während eines Gastspiels in Weimar. Kurz zuvor hatte sie Frankfurt verlassen, wo sie zur großen Tragödiendarstellerin aufgestiegen war – nach Streitigkeiten wurde Janauschek dort vom Schauspielhaus entlassen. Mit dem Böcklin-Porträt kehrte sie Jahrzehnte später gewissermaßen wieder nach Frankfurt zurück: 1934 kaufte der Städelsche Museums-Verein das einzige lebensgroße Ganzkörperporträt, das Böcklin je geschaffen hatte, für das Städel an.
Das Gemälde selbst hat, wie viele historische Kunstwerke, eine bewegte Restaurierungsgeschichte hinter sich, wurde also schon mindestens einmal, vermutlich jedoch mehrfach konserviert und restauriert. Eindeutig lässt sich dies nicht mehr bestimmen, da sämtliche früher am Gemälde ausgeführten Maßnahmen weder schriftlich noch fotografisch dokumentiert sind. Was für uns als Betrachterinnen und Betrachter sehr unbefriedigend war, war die Ästhetik der Bildoberfläche: Firnisschichten – also aus Harzen bestehende transparente Überzüge – waren durch Materialalterung stark nachgedunkelt und vergilbt, ebenso wie Übermalungen und Retuschen vorangegangener Restaurierungen. Gerade die detailreich ausgeführten Partien der Malerei, vor allem der Faltenwurf und feine Tüll des Kleides, waren unter einer flächigen schwarzen Farbschicht fast völlig verborgen, auf historischen Schwarz-Weiß-Fotos des Gemäldes aus den 30er-Jahren aber noch gut zu erkennen.
Im Restaurierungsatelier haben wir das Gemälde zuerst mit allen im Städel Museum gebräuchlichen physikalischen Methoden untersucht, sowohl mit Mikroskopen unter Normallicht als auch mit Ultraviolett-, Infrarot- und Röntgenstrahlen. Die Untersuchungen zeigten, dass das Werk bei einer früheren Restaurierung doubliert worden war, man hatte es also von seinem Keilrahmen abgenommen und mit der Rückseite auf eine neue Leinwand geklebt. Das hierbei verwendete Material, ein thermoplastisches Wachs-Harz-Gemisch, macht als Zeitpunkt für diese Konservierung die 1950er- bzw. 60er-Jahre wahrscheinlich. Da hier offensichtlich mit zu großem Druck und zu viel Wärme gearbeitet wurde, hat sich die Struktur der Originalleinwand in Malerei und Grundierung eingeprägt und ist an der Bildoberfläche gut zu erkennen.
Zudem sind durch die Doublierung die wenigen pastos gemalten Partien, also jene, wo die Farbe besonders dick und reliefartig aufgetragen war, planiert worden. Der vom Künstler gewollte Pinselstrich, zum Beispiel am Dekolleté der Mimin, ist kaum noch als Relief erkennbar – diese Schäden sind nicht reversibel. Grund für diese Maßnahme mag ein im Röntgenbefund gut erkennbares Loch in der Originalleinwand gewesen sein, das durch die Doublierung geschlossen wurde. Heute werden solche Fehlstellen, die durch unsachgemäßes Handling entstanden sein können, beispielsweise durch das behutsame Einweben von einzelnen Leinwandfäden ergänzt, womit eine komplette Übertragung originaler Leinwände vermieden wird.
Böcklin hat, wie andere Künstler der Zeit, seine Gemälde nicht nur mit Ölfarben gemalt, sondern auf der oberen Schicht, etwa in den Schattenpartien, mit Harzlasuren gearbeitet. Diese Lasuren bestehen letztendlich aus demselben Material wie der am Schluss aufgestrichene Firnis, nur sind sie mit Pigmenten gefärbt. Frühere Restauratoren hatten nach der Doublierung eine Firnisabnahme durchgeführt, auch heute noch eine gängige Maßnahme bei Restaurierungen. Allerdings hatten sie hierbei zu aggressive Lösemittel verwendet, die die für das Erscheinungsbild so wichtigen Lasurpartien beschädigten. Mehr noch: Im Anschluss hat man das blauschwarze Kleid der Fanny Janauschek großflächig übermalt. Auf der gesamten Bildoberfläche wurde ein dickschichtiger Firnis aufgetragen, der durch Alterung stark nachgedunkelt und vergilbt war.
Doch gerade diese Schäden konnten glücklicherweise weitestgehend behoben werden. Alte Retuschen, Übermalungen und Firnisschichten wurden behutsam abgenommen und Fehlstellen in der Malerei zurückhaltend geschlossen. Hier zeigt sich heute die deutlichste Verbesserung: Die Qualitäten der Malerei, der feine Tüll und die Falten des Kleides, treten wieder deutlich hervor.
Auch an das originale Kolorit, die Farbigkeit des Gemäldes, konnte sich die jüngste Restaurierung annähern. Annähern, nicht mehr und nicht weniger: Denn auch die von den Künstlern verwendeten Malmaterialien sind Alterungsprozessen unterworfen, die sie optisch verändern. So ist die vielbeschworene Wiederherstellung des „Originalzustands“ eines historischen Gemäldes durch seine Restaurierung bestenfalls das Wiedersichtbarwerden seines gealterten Zustands.
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