Wie stellt man etwas aus, das es so nicht mehr gibt? In „RENOIR. ROCOCO REVIVAL“ eröffnet eine Mindmap Einblicke in die nur selten erhaltenen Wandgemälde Renoirs und in sein wenig bekanntes Kunsthandwerk.
Bevor Pierre-Auguste Renoir (1841–1919) sich einen Namen als bildender Künstler machte, durchlief er als Jugendlicher eine Ausbildung zum Porzellanmaler. Dem Kunsthandwerk blieb er sein Leben lang treu: Bis ins hohe Alter verzierte er Keramiken, entwarf Teppiche und Kaminuhren. Außerdem bemalte er Decken und Wände in Gaststätten sowie in den Häusern wohlhabender Sammler und Förderer.
Diese dekorativen Werke spielen eine wichtige Rolle in Renoirs Schaffen. Und auch in seinen wenigen theoretischen Schriften beschäftigte er sich vorwiegend mit der Dekoration. Als Vorbild nannte er das 18. Jahrhundert, in dem Kunst und Handwerk im Sinne eines Gesamtkunstwerks untrennbar verbunden gewesen waren. Vor diesem Hintergrund erstaunt es kaum, dass Renoirs eigene Projekte motivisch häufig an jene Zeit erinnern, wie etwa der Zyklus zum Thema der vier Jahreszeiten, den er für das Boudoir seiner Mäzenin Marguerite Charpentier entwickelte.
Für unsere Ausstellung sind Renoirs Dekorationsprojekte aufgrund ihrer Bezüge zum 18. Jahrhundert von großer Bedeutung. Deswegen hat Marine Kisiel diesem Thema im Katalog einen eigenen Aufsatz gewidmet. Für die Ausstellungspräsentation standen wir hingegen vor einem grundlegenden Problem: Die meisten von Renoirs Wand- und Deckengemälden wurden gemeinsam mit den jeweiligen Gebäuden zerstört. Ein Beispiel dafür ist eine galante Szene, die Renoir für den Salon des Fürsten Georges Bibesco malte. Dessen Pariser Palais wurde im Jahr 1911 zerstört. Erhalten ist einzig ein Entwurf, den wir in der Ausstellung zeigen.
Andere Darstellungen wurden aus ihrer architektonischen Umgebung gelöst. Dazu gehört ein Blumenstillleben, das Renoir auf eine Tür malte. Diese wurde später auf die Größe des Gemäldes zurechtgesägt. Heute hängt das Stillleben gerahmt im Museum – auf den ersten Blick ist es nicht mehr als Dekoration erkennbar. Ursprünglich schmückte es die Bibliothek im Château de Wargemont, dem Landsitz seines Förderers Paul Berard. Auf einer Fotografie ist die zweite, ähnlich bemalte Tür der dortigen Bibliothek neben Büchern und Möbeln im Stil des 18. Jahrhunderts zu sehen. Wargemont ist der einzige Fall, in dem solche historischen Aufnahmen vorliegen, die Renoirs Dekorationsmalereien im Kontext dokumentieren.
Unser Anliegen war es, diese räumlichen Zusammenhänge nachvollziehbar zu machen und aufzuzeigen, wie eng Renoirs Dekorationsprojekte mit seinem breiten Netzwerk von Sammlern und Auftraggebern verknüpft sind. Zu diesem Zweck haben wir eine Mindmap entwickelt. Ausgangspunkt war eine Skizze, die die vielschichtigen Verbindungen anhand von sechs übergeordneten Themen gliederte: Renoirs Ausbildung, spätere kunsthandwerkliche Projekte, theoretische Schriften, das Fallbeispiel Wargemont, Renoirs Netzwerk und seine Auftraggeber für Porträts.
Jedes dieser sechs Themen umfasst mehrere Werkbeispiele. In einem nächsten Schritt versahen wir diese mit knappen Erläuterungen. Die eigentliche Herausforderung lag nun in der grafischen Gestaltung der Inhalte, die die Grafiker von tonique übernahmen. Sie entwarfen eine Darstellung, bei der die Abbildungen im Vordergrund stehen und die die zahlreichen Verbindungen visuell nachvollziehbar macht. Im Vordergrund sollten die Abbildungen stehen. Die «Äste» wurden zu Spalten; Linien verknüpfen die einzelnen Beispiele und veranschaulichen die vielfältigen Bezüge.
Die Mindmap stützt sich so oft wie möglich auf Werke, die in der Ausstellung zu sehen sind, sie zeigt aber auch Werke, die nicht nach Frankfurt reisen konnten. Sie lädt dazu ein, Renoirs Auseinandersetzung mit der Dekoration anhand dieser Beispiele genauer zu betrachten und vermittelt auf diese Weise eine Vorstellung seines umfassenden Kunstbegriffs, der eine zentrale Facette seines Rückbezugs auf das 18. Jahrhundert darstellt. Hier könnt ihr sie euch ganz genau ansehen und in Renoirs Netzwerk eintauchen!
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