„Jetzt sehen Sie sich das mal an: Die Tiefe des Raumes beherrscht er spielend. Hier macht er ordentlich Druck!“ So beginnt der Trailer zur großen Dürer-Ausstellung des Städel. Wie ein Fußballspiel wird das Werk des Deutschen Meisters angekündigt – und zwar von keinem Geringeren als Kommentator-Legende Marcel Reif. Für das Städel Blog beantwortete er uns nun fünf Fragen.
Für den Trailer unserer Dürer-Ausstellung haben Sie Albrecht Dürers Kunst wie ein Fußballspiel kommentiert. War das für Sie etwas Besonderes? Auf jeden Fall, deswegen habe ich auch sofort gesagt, dass ich das mache, als die Anfrage kam. Für mich war diese Aufgabe sehr spannend, gerade weil Kunst und Fußball zwei Bereiche sind, die auf den ersten Blick eigentlich eben nicht zusammen gehören. Und ich muss sagen, es hat Riesenspaß gemacht.
Fußball oder Kunst – müssen Sie sich da an einem Samstagnachmittag entscheiden, ob es ins Stadion oder vielleicht nicht doch auch einmal ins Museum geht? Ich wäre froh, wenn ich diese Entscheidung selbst treffen könnte, aber meistens wird mir diese von meinem Auftrag- und Arbeitgeber abgenommen, sodass ich samstags im Stadion zu finden bin. Aber es gibt ja auch noch andere Zeiten für einen Museumsbesuch. Ich erinnere mich zum Beispiel an ein Champions-League-Spiel in Madrid, da bin ich vormittags in das Museo Thyssen-Bornemisza mit meinem Sohn gegangen und abends habe ich das Spiel kommentiert.
(Wie bescheiden Herr Reif doch ist. Nachdem das Gespräch bereits geführt wurde, fällt der Autorin beim Verfassen des Blogbeitrags auf, dass es sich bei dem erwähnten Fußballspiel um das 1998 als „Torfall von Madrid“ in die Geschichte eingegangene Fußballspiel handeln könnte. Hier verzögerte sich der Beginn um ganze 76 Minuten, da ein Tor in sich zusammengefallen war und ersetzt werden musste. Die Moderation, die gemeinsam mit Günther Jauch die unvorhergesehene Wartezeit bildhaft überbrückte („Noch nie hätte ein Tor einem Spiel so gut getan wie heute“), wurde später preisgekrönt. Und in der Tat, auf Nachfrage bestätigt Marcel Reif die Vermutung, dass es sich bei dem im Interview erwähnten Spiel um jenes legendäre handelte. Dies legt also die Schlussfolgerung nahe, dass ein Museumsbesuch auch beim Fußball für viel Kreativität sorgen kann.)
Welche Fähigkeiten, die ein Künstler haben sollte, benötigen Sie für Ihre Tätigkeit? Das ist schwer zu sagen. Bei meiner Arbeit kommt Kunst auch von Können, da muss man sein Metier wirklich beherrschen, um es gut zu machen. Anderseits gibt es diese Tage, oder vielmehr Momente, da gelingen einem Dinge, die über das Handwerk hinausgehen. Ob das Kunst ist, das mögen andere beurteilen. Mit Albrecht Dürer zumindest möchte ich mich nicht in eine Reihe stellen.
Sie gelten als „Künstler der indirekte Rede“, unter anderem sind Sie mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet worden. Inwiefern sehen Sie sich selbst als Künstler? Mich als Künstler zu verstehen, ist mir zu hoch gegriffen. Dafür habe ich zu viel Demut und auch zu viel Respekt davor – ich liebe Kunst. Von Malerei und Fotokunst bin ich beispielsweise fasziniert, ich bin mit einigen Künstlern recht gut bekannt und mit einem auch eng befreundet. Da ist man natürlich näher dran an der Kunst, sie beschäftigt mich.
Fußball wird als Phänomen für die Massen betrachtet, Kunst eher nicht. Denken Sie, diese Einschätzung trifft zu? Ich denke, dass Kunst inzwischen keine Nische mehr einnimmt, sondern im Gegenteil sehr viele Menschen anspricht. Andererseits ist Fußball in der Tat ein Massenphänomen – das liegt in der Natur der Sache. Ich finde jedoch, es gibt überhaupt keinen Grund, sich nicht mit Kunst zu beschäftigten. Auch die Schwellenangst, sich darauf einzulassen, ist doch deutlich geringer geworden. Vielen Dank für das Gespräch!
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