Navigation menu

Drei Rom-Tipps für Barockfans

Als Hofmaler der Papstfamilie war Reni an großen Freskenprojekten in Rom beteiligt. Drei der schönsten Arbeiten sind heute noch erhalten – bereit für einen inspirierenden Spaziergang durch die Ewige Stadt?

Aleksandra Rentzsch — 19. Januar 2023

Als Guido Reni 1601 seine Heimatstadt Bologna verließ und auf Wunsch des Kardinals Sfondrati nach Rom ging, war noch nicht klar, ob diese Reise erfolgreich sein würde. Doch der junge Guido eroberte augenblicklich die dortige Künstlerszene. Von seinem Talent waren nicht nur die einflussreichen Adelsfamilien und Vertreter des Klerus angetan – selbst Papst Paul V. Borghese wollte Reni in seinen Diensten haben. Der Bologneser wurde zum „Hofkünstler“ der Papstfamilie und führte von 1607 bis 1614 bedeutende Aufträge aus, hauptsächlich Fresken, die er unter anderem in seinem persönlichen Rechnungsbuch minutiös dokumentierte.

Guido Reni, Rechnungsbuch, 25. Oktober 1609 – 15. Mai 1612, New York, The Morgan Library & Museum, Foto: The Morgan Library & Museum, New York

Guido Reni, Rechnungsbuch, 25. Oktober 1609 – 15. Mai 1612, New York, The Morgan Library & Museum, Foto: The Morgan Library & Museum, New York

Das detaillierte Rechnungsbuch führte Reni zwischen Oktober 1609 und Mai 1612 und verzeichnete darin Einnahmen und Ausgaben jeglicher Art. Das Buch bietet uns einen besonderen Einblick in die Auftragslage Renis zu der Zeit, als der Künstler primär vom Kardinalnepoten, der „rechten Hand“ des Papstes, Scipione Borghese beschäftigt worden ist. Doch bei dieser außergewöhnlichen Schriftquelle handelt es sich nicht nur um ein Buchhaltungsinstrument einer Malerwerkstatt: Neben Geldeingängen und Kosten für Arbeitsmittel dokumentiert es gleichermaßen Zahlungen für persönliche Gegenstände und sogar Darlehen an seine Bologneser Künstlerfreunde.

Ausstellungsansicht „Guido Reni. Der Göttliche“ im Städel Museum, Foto: Städel Museum – Norbert Miguletz

Ausstellungsansicht „GUIDO RENI. Der Göttliche“ , Foto: Städel Museum – Norbert Miguletz

Bei den Freskenprojekten handelt es sich um Ausmalungen im Vatikanischen Palast, in San Gregorio Magno, im Quirinalspalast, in Santa Maria Maggiore und im Casino des Palazzo Pallavicini Rospigliosi. In der Ausstellung „GUIDO RENI. Der Göttliche“ wird dieser wichtige Teilbereich von Renis Schaffen durch eine Auswahl hochkarätiger Zeichnungen – Kompositionsstudien in Feder und Detailstudien in Kreide – repräsentiert. Die anschließend ausgeführten Fresken können auch heute noch in der italienischen Hauptstadt besichtigt werden.

1. Station: Aurora im Palazzo Pallavicini Rospigliosi

Das berühmte Aurora-Fresko im Casino des Palazzo Pallavicini Rospigliosi auf dem Quirinalshügel zählte bis ins 19. Jahrhundert zu den zentralen Sehenswürdigkeiten Roms. Als Reni danach aufgrund anderer ästhetischer Präferenzen mehr und mehr in Vergessenheit geriet, verschwand auch die „Aurora“ von der touristischen Karte Roms. Jüngst restauriert kann das Deckenfresko aber noch heute, wenn auch nur an einem Tag im Monat, besichtigt werden.

1.	Guido Reni, Aurora, 1612–14, Rom, Palazzo Pallavicini Rospigliosi, Casino dell’Aurora, Foto: Immagine di proprietà della Principessa Maria Camilla Pallavicini, Roma – Scatto di Mauro Coen

Guido Reni, Aurora, 1612–14, Rom, Palazzo Pallavicini Rospigliosi, Casino dell’Aurora, Foto: Immagine di proprietà della Principessa Maria Camilla Pallavicini, Roma – Scatto di Mauro Coen

Für alle Reni-Fans ist es jedoch ein Muss! Gezeigt wird der Gott Apoll auf seinem Sonnenwagen, umgeben von sich tänzerisch bewegenden Frauen, die seit dem 17. Jahrhundert meist als Göttinnen der Zeiten identifiziert werden. Dieser dynamischen Gruppe fliegen ein Putto mit Fackel (Morgenstern) sowie die namensgebende Aurora (Morgenröte) voran – eine Allegorie des goldenen Zeitalters, das unter den Borghese anbrechen sollte.

2.	Guido Reni, Studie für das Aurora-Fresko, (Rom, Casino Pallavicini Rospigliosi), 1612-14, Paris, Musée du Louvre, Foto: bpk | RMN – Grand Palais / Tony Querrec

Guido Reni, Studie für das Aurora-Fresko, (Rom, Casino Pallavicini Rospigliosi), 1612-14, Paris, Musée du Louvre, Foto: bpk | RMN – Grand Palais / Tony Querrec

2. Station: Santa Maria Maggiore

Die Ausgestaltung der Familienkapelle in der römischen Basilika Santa Maria Maggiore, heute unweit des Bahnhofs Roma Termini, gehörte zu den größten Kunstprojekten Pauls V. Borghese. Mit dem anspruchsvollen Freskenprogramm betraute er einige namhafte Künstler der Zeit, darunter Guido Reni.

1.	Guido Reni, Heiliger Kyrill und zwei Bischöfe, 1610–12, Rom, Santa Maria Maggiore, Cappella Paolina, Foto: Aleksandra Rentzsch

Guido Reni, Heiliger Kyrill und zwei Bischöfe, 1610–12, Rom, Santa Maria Maggiore, Cappella Paolina, Foto: Aleksandra Rentzsch

Zwar gestaltete sich ihre Zusammenarbeit alles andere als einfach (Reni klagte öffentlich über zu schlechte Bezahlung sowie Zwang zum schnelleren Arbeiten), doch am Ende zeigte sich der Papst von Renis Fresken begeistert. Auch die Kollegen waren angetan. Der Cavalier d’Arpino soll gesagt haben: „Die unseren [Fresken] sind von Menschen-, Guidos von Engelshand gemalt“.

2.	Guido Reni, Kompositionsstudie für fünf griechische Bischöfe, (Rom, Santa Maria Maggiore, Cappella Paolina), 1610–12, Windsor, Windsor Castle, Royal Collection Trust, Foto: Royal Collection Trust / © His Majesty King Charles III 2022

Guido Reni, Kompositionsstudie für fünf griechische Bischöfe, (Rom, Santa Maria Maggiore, Cappella Paolina), 1610–12, Windsor, Windsor Castle, Royal Collection Trust, Foto: Royal Collection Trust / © His Majesty King Charles III 2022

3. Station: Oratorio di Sant’Andrea

In den Gärten der Kirche San Gregorio Magno in der Nähe des Circus Maximus befindet sich das kleine Oratorio di Sant’Andrea. Im Auftrag des Kardinals Scipione Borghese statteten Domenichino und Guido Reni die kleine Kapelle mit Szenen aus dem Leben des Heiligen Andreas aus: Reni stellte ihn dar, wie er auf dem Weg zum Martyrium das Kreuz anbetet, während Domenichino auf der gegenüberliegenden Wand die Geißelung des Heiligen freskierte.

Guido Reni, Der heilige Andreas auf dem Weg zur Richtstätte, 1608, Rom, San Gregorio Magno, Oratorio di Sant’Andrea

Guido Reni, Der heilige Andreas auf dem Weg zur Richtstätte, 1608, Rom, San Gregorio Magno, Oratorio di Sant’Andrea

Guido Reni, Kopfstudie für heiligen Andreas im Oratorio di Sant’Andrea (Rom, San Gregorio Magno), 1608, Paris, Musée du Louvre, Foto: bpk | RMN – Grand Palais / Thierry Le Mage

Guido Reni, Kopfstudie für heiligen Andreas im Oratorio di Sant’Andrea (Rom, San Gregorio Magno), 1608, Paris, Musée du Louvre, Foto: bpk | RMN – Grand Palais / Thierry Le Mage

Dank der erhaltenen Vorzeichnungen können wir in den kreativen Schaffensprozess des Künstlers eintauchen. Mit großer Sorgfalt studierte Reni das gealterte Haupt von Andreas, dessen Falten sowie der kahle Kopf durch eine gezielte Verteilung von Licht und Schatten betont werden.

Für wahre Guido-Fans gibt es in Rom noch viel mehr zu entdecken. Neben den Fresken im Vatikan oder im Quirinalpalast lohnt es sich auch, die römischen Kirchen und Museen zu besuchen. Die Kapuzinerkirche Santa Maria della Concezione birgt beispielsweise ein außergewöhnliches Altarbild des Heiligen Erzengels Michael, gemalt auf Seide. Die Galleria Borghese hat wiederum erst 2020 ein seltenes Landschaftsgemälde von Reni erworben. Wem jedoch der Weg nach Rom zu weit ist, kann bis 5. März 2023 auch in Frankfurt in den Genuss kommen, die Meisterwerke des „göttlichen“ Guido zu entdecken.


Aleksandra Rentzsch ist Projektleiterin der Ausstellung „GUIDO RENI. Der Göttliche“  und hat den Fresken aus Guido Renis Rechnungsbuch in Rom nachgespürt.

Bestens vorbereitet: Taucht mit dem Digitorial® direkt in Guido Renis strahlende Welt ein.

Diskussion

Fragen oder Feedback? Schreiben Sie uns!

Mehr Stories

  • Guido Reni, Himmelfahrt Mariens, ca 1598–1599, Städel Museum, Frankfurt am Main, Public Domain
    Guido Reni

    Himmelfahrt ins Städel

    Guido Renis „Himmelfahrt Mariens“ ist ein frühes Schlüsselwerk seiner Kunst. Aber wie kam das Bild überhaupt in die Sammlung? Kurator Bastian Eclercy erzählt die Geschichte eines folgenreichen Ankaufs.

  • Ausstellungsansicht „Guido Reni. Der Göttliche“ im Städel Museum, Frankfurt am Main, Foto: Norbert Miguletz
    Kuratoren-Interview zu Guido Reni

    Das „göttliche“ Erfolgsgeheimnis

    Guido Reni erschuf eine Bildwelt, die raffiniert und dennoch leicht zu erfassen ist. Kurator Bastian Eclercy verrät im Interview mehr zur Entstehung der Ausstellung, seine persönlichen Lieblingswerke und köstliche Anekdoten.

  • Guido Reni

    Geheimnisse eines Meisterwerks

    Zwei Jahre verbrachte das Gemälde „Christus an der Geißelsäule“ in der Restaurierungswerkstatt. Ob verworfene Ideen des Künstlers oder Spuren früherer Restaurierungen – alles kommt ans Licht.

  • Pablo Picasso, Violine (Violon), 1915, Musée national Picasso, Paris, © Paris, Musée national Picasso - Paris, bpk | RMN - Grand Palais | Béatrice Hatala
    Die Ausstellungen im Städel

    Highlights 2023

    Von einer fotografischen Reise quer durch Italien, über wortwörtlich Herausragendes in der Kunst – mit dabei Rodin, Picasso und Matisse – bis hin zur Renaissance im Norden: Unser Ausblick auf das Kunstjahr 2023!

Newsletter

Wer ihn hat,
hat mehr vom Städel.

Aktuelle Ausstellungen, digitale Angebote und Veranstaltungen kompakt. Mit dem Städel E-Mail-Newsletter kommen die neuesten Informationen regelmäßig direkt zu Ihnen.

Beliebt

  • Honoré Daumier

    Zur Ernsthaftigkeit der Komik

    Wie Karikaturen funktionieren und warum Daumier für sie ins Gefängnis kam.

  • Der Film zur Ausstellung

    Honoré Daumier. Die Sammlung Hellwig

  • Die Ausstellungen im Städel

    Highlights 2024

    Unser Ausblick auf 2024: Freut euch auf faszinierende Werke von Honoré Daumier und Käthe Kollwitz, lernt die Städel / Frauen kennen, entschlüsselt die Bildwelten von Muntean/Rosenblum, erlebt die Faszination italienischer Barockzeichnungen und reist zurück in Rembrandts Amsterdam des 17. Jahrhunderts.

  • Städel Mixtape

    #34 Jan van Eyck – Lucca-Madonna, ca. 1437

    Ein ruhiger Moment mit Kerzenschein, ihr seid so vertieft, dass ihr alles um euch herum vergesst: Vor rund 600 Jahren ging es den Menschen ähnlich, wenn sie vor Jan van Eycks „Lucca-Madonna“ gebetet haben. In diesem STÄDEL MIXTAPE geht es um das Andachts-Bild eines raffinierten Geschichtenerzählers. 

  • Städel | Frauen

    Louise Schmidt: Bildhauerin!

    Teil 2 der Porträt-Reihe „Städel | Frauen“.

  • ARTEMIS Digital

    Digitales Kunsterlebnis trifft wegweisende Demenz-Forschung

    Wie sieht eine digitale Anwendung aus, die Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen zeit- und ortsungebunden einen anregenden Zugang zur Kunst ermöglicht? Ein Interview über das Forschungsprojekt ARTEMIS, über Lebensqualität trotz Krankheit und die Kraft der Kunst.

  • Gastkommentar

    Kunst & Schwarze Löcher mit Astrophysikerin Silke Britzen

    Was sieht eine Astrophysikerin in den Werken der Städel Sammlung? In diesem Gastkommentar eröffnet Silke Britzen (Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn) ihre individuelle Sichtweise auf die Kunstwerke im Städel Museum.