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Vilhelm Hammershøis Interieur Strandgade 30

Das Städel freut sich über einen spektakulären Neuzugang: Aus einer englischen Privatsammlung heraus konnte der Städelsche Museums-Verein das Gemälde Interieur. Strandgade 30 (1901) von Vilhelm Hammershøi (1864–1916) für die Sammlung der Kunst der Moderne im Städel erwerben. Hammershøis Interieurdarstellungen dieser Jahre gelten bis heute als Markenzeichen des dänischen Malers, der bereits zu Lebzeiten einer der gefeiertsten Künstler Europas war. Für das Städel geht damit ein lang ersehnter Wunsch in Erfüllung.

Axel Braun — 18. Oktober 2012

Vilhelm Hammershøi, Interior Strandgade 30 (1901), Öl auf Leinwand, 66 x 55 cm, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.

Der 1864 in Kopenhagen geborene Vilhelm Hammershøi gilt als einer der herausragendsten Künstler seiner Zeit. Erst jüngst haben mehrere internationale Ausstellungen – u. a. im Musée d’Orsay (Paris), im Guggenheim Museum (New York), in der Royal Academy (London) oder in der Hypo-Kulturstiftung (München) – das Werk des dänischen Malers gewürdigt. Mit dem Erwerb des Hammershøi-Interieurs durch den Städelverein kann das Städel Museum nun seinen sehr guten Bestand an Symbolisten weiter ausbauen, weist doch Hammershøis Œuvre Bezüge zu Edvard Munch, Max Klinger und Ferdinand Hodler auf. Ferner ist Hammershøis Interieurmalerei durch die holländische Stubenmalerei des 17. Jahrhunderts inspiriert, die im Städel ebenfalls mit hervorragenden Beispielen von Johann Vermeer oder Pieter Janssens Elinga vertreten ist. „Dieser spektakuläre Ankauf schlägt eine Brücke zwischen der Moderne und den alten Meistern und ist damit ein wahrer Glücksfall für das Städel“, kommentierte Städel-Direktor Max Hollein den Neuzugang.

Ein erfolgreicher Beitrag der Städel-Freunde zur Erweiterung der Sammlung

Sylvia von Metzler, die Vorsitzende des Städelschen Museums-Vereins, freut sich sehr über den erfolgreichen Beitrag des Freundeskreises zur Erweiterung der Sammlung. „Unsere Hauptaufgabe ist es, den Ausbau der Sammlungen durch wichtige Ankäufe kontinuierlich voranzubringen. In seiner über hundertjährigen Geschichte konnte der Verein knapp 700 Exponate, darunter zentrale Werke von Lucas Cranach, Rembrandt, Jean-Antoine Watteau, Max Liebermann, Franz Marc, Max Beckmann, Pablo Picasso und vielen anderen namhaften Künstlern, erwerben und dem Museum als Dauerleihgabe übergeben. Eine breite Öffentlichkeit mit Museumsbesuchern aus Frankfurt, der Rhein-Main-Region und aller Welt profitiert damit von unserer Arbeit. Nur dank großzügiger Spenden von privater Seite, Stiftungen und Unternehmen ist uns die Unterstützung mit Erwerbungen für Städel und Liebieghaus immer wieder möglich“, erläuterte von Metzler die Ziele des Vereins.

 "... dieser moderne nordische Vermeer ..." Rainer Maria Rilke, 1905

Hammershøis Œuvre ist sehr eigenständig, dennoch sind vor allem inhaltliche Bezüge zum Symbolismus nachweisbar. Fast alle seine Gemälde sind in einem grautonigen Farbspektrum gehalten und verzichten auf anekdotische Details. Bekannt ist Hammershøi besonders für stille puristische Interieurdarstellungen, die fast die Hälfte seines Werks ausmachen. In diesen stellt er mit großer geometrischer Strenge die sparsam möblierten Zimmer seiner Wohnung in Kopenhagen dar. Das Frankfurter Gemälde zeigt im Vordergrund ebenfalls das spärlich ausgestattete Esszimmer des Künstlers, in welches von rechts eine Tür hineinragt. An der Stirnseite gibt eine weit geöffnete Zimmertür die Sicht auf eine Raumflucht frei, an deren Ende Licht durch ein Fenster scheint. Davon angezogen, wird der Blick des Betrachters an den Bodendielen entlang in die Tiefe des Raums gelenkt. Unterbrochen wird diese Blickführung durch zwei Türschwellen, die den mittleren, nur schwach beleuchteten Raum visuell abgrenzen. Dort steht die Frau des Künstlers, Ida Hammershøi, im Schatten, dem Betrachter den Rücken zugewandt. Obwohl sämtliche Türen weit geöffnet sind, zingeln diese in ihrer optischen Verlängerung Ida gleichsam ein; die Linienführung hält sie genau in der Mitte des Bildes gefangen. Die vermeintliche Offenheit der Türen bewirkt das Gegenteil: Anstatt einen Weg freizugeben, fixieren sie Ida im Zentrum des Gemäldes. Es sind solche visuellen Irritationsmomente, die Hammershøis wichtige Gemälde kennzeichnen und ein besonderes Qualitätsmerkmal seiner Kunst bilden. Welche Bedeutung gerade dieser Darstellung zukommt, die er kurz nach ihrem Entstehen an einen Kopenhagener Privatsammler verkaufte, zeigt auch die Tatsache, dass er vier Jahre später, 1905, eine Variante des Frankfurter Bildes malte, welche sich heute in der Sammlung des Ateneum, der Finnischen Nationalgalerie, in Helsinki befindet.

Dr. Felix Krämer, Sammlungsleiter der Kunst der Moderne im Städel, wird das Gemälde am 30. Oktober 2012 erstmals in einem Vortrag für die Mitglieder des Städelschen Museums-Vereins vorstellen. Anschließend wird die Arbeit in die ständige Sammlungspräsentation des Städel integriert, wo sie ab Mitte November zu sehen sein wird.

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