Birgit und Dieter Broska sammeln seit über 35 Jahren zeitgenössische Kunst. Was macht ihre Sammlung aus und wie leben sie mit der Kunst? Wir haben das Sammlerpaar zu Hause besucht.
Birgit und Dieter Broska sammeln seit 1985 zeitgenössische Kunst. Über 160 Werke umfasst die Sammlung aktuell, darunter nicht wenige herausragende Werke der jüngeren Gegenwartskunst. Schon früh sammelten sie Positionen unbekannter Künstlerinnen und Künstler, die sich heute durchgesetzt haben – aber auch Positionen abseits des gängigen Kanons.
Im Jahr 2019 konnte dank des Engagements von Birgit und Dieter Broska und des Städelkomitees 21. Jahrhundert der Städelsche Museums-Verein für das Städel Museum achtzehn Arbeiten für die Sammlung Gegenwartskunst gewinnen. Einige dieser Arbeiten sind in der Neupräsentation der Gartenhallen erstmals zu sehen.
Svenja Grosser hat das Sammlerpaar besucht und es gefragt, was ihre Sammlung ausmacht, nach welchen Grundlagen und Kriterien sie aufgebaut wurde und womit eigentlich alles begonnen hat.
Sie sammeln hauptsächlich figurative Arbeiten, die sich häufig mit dem Menschen, aber auch mit Tieren und der Natur beschäftigen. Wie kam es dazu?
Wir haben 1985 unsere erste Arbeit gekauft, über die wir gemeinsam entschieden haben, nachdem wir uns 1983 kennengelernt hatten: Eine Gouache von Michael Schackwitz, abstrakt, der Beginn der Sammlung war also nicht figurativ. Es ging ausschließlich darum, dass wir beide unabhängig voneinander die Qualität dieser Arbeit erkannt haben. Allerdings war uns zu diesem Zeitpunkt nicht klar, dass es der Beginn unserer Sammlung sein würde.
Schon bald danach galt unser Interesse dann der figurativen Kunst mit den inhaltlichen Schwerpunkten Mensch und Tier, oft in ungewohnten, das Hinsehen erweiternden Darstellungen.
Nach welchen Kriterien entscheiden Sie sich für ein Werk, muss es sich in die Sammlung einfügen?
Vor allem in den ersten fünf bis zehn Jahren hat der Name einer Künstlerin oder eines Künstlers keine entscheidende Rolle gespielt, es ging immer um die Qualität und gleichberechtigt um unsere Freude an den Werken der Künstlerinnen und Künstler. Gerade in den ersten zehn Jahren spielte es keine Rolle, ob eine Arbeit in die Sammlung passt, denn die Sammlung hat sich quasi selbst vermehrt. Bildlich gesprochen war die Sammlung zu Beginn wie ein Quadrat, das dann aber Auswüchse bekam, die in das Quadrat nicht mehr hineinpassten. Es gab für die Sammlung weder ein Thema, noch andere Einengungen. Was also entstanden ist, war weder geplant noch vorhersehbar. Es gab auch zu keiner Zeit irgendeine „Expertenberatung“. Ein Werk, das in unsere Sammlung wollte, musste Qualität haben und zwei weitere Hürden nehmen, jeder von uns musste es für sich wirklich wollen, ein „gefällt mir gut“ reichte da nicht. Es kam immer wieder vor, dass einer von uns Nein sagte, dann gab es keinen Ankauf.
Viele der Arbeiten haben ihr Entstehungsjahr in den 1990ern bis frühen 2000ern. Warum ausgerechnet Gegenwartskunst?
Das ist richtig beobachtet und es gibt einen Grund dafür, die Documenta IX von 1992. Wir haben gerade für unseren emotionalen Ansatz und unsere Offenheit für neues, anderes Hinschauen eine reiche Ernte eingefahren. Mit einer Skulptur von Katsura Funakoshi waren wir auch Leihgeber dieser Documenta. Wenn Sie so wollen, in der Verlängerung dieser Documenta haben wir unsere Sammlung erweitert.
Für das Städel Museum haben wir gemeinsam mit Ihnen achtzehn Arbeiten ausgewählt, warum haben Sie sich für das Städel entschieden und wie kam es dazu?
Wir schätzen das Städel sehr und das schon seit vielen Jahren. Alles andere war ein Zufall, ein Gespräch mit Dr. Martin Engler aus Anlass einer Vernissage von Miriam Cahn, ich glaube in Karlsruhe. Dabei hat eine Rolle gespielt, dass wir uns schon seit einiger Zeit Gedanken darüber gemacht hatten, was mit der Sammlung geschieht, nach uns.
In unserer Auswahl haben wir bewusst Objektkunst integriert wie von Asta Gröting, Dennis Oppenheim, Jimmie Durham oder Al Hansen. Ein Sammlungsbereich, der im Städel Museum, das seinen Schwerpunkt auf Malerei legt, bisher weniger im Fokus stand. Welche Gewichtung hat die Wahl des Mediums für Ihre Sammlung und was interessiert sie besonders an Objektkunst?
In den ersten Jahren waren Skulpturen und Objektkunst übergewichtet, nicht beabsichtigt, aber es war eben so passiert. Vielleicht auch, weil das das Medium von Birgit ist. Das Interesse an Skulpturen hat sich auch danach gehalten. Sicher eine Rolle gespielt hat dabei auch, dass wir die Räumlichkeiten auch für „monströse“ Arbeiten haben, die Skulptur auf dem Schreibtisch hat nämlich keine Rolle gespielt. Objektkunst hat oft etwas Ausuferndes, ist meistens kompliziert und sperrig.
Wir freuen uns besonders über die Arbeiten von Miriam Cahn, Marlene Dumas, Asta Gröting oder Lena Liv. Wie sehen Sie die Rolle von Künstlerinnen in Ihrer Sammlung?
Es hat für uns zu keiner Zeit eine Rolle gespielt, ob eine Arbeit von einem Künstler oder einer Künstlerin geschaffen wurde, entscheidend war immer, ob uns das Kunstwerk erreicht hat und wir jeden Tag Freude daran haben.
Was war für Sie der wichtigste Ankauf, gab es eine besondere Geschichte, die Ihnen in Erinnerung geblieben ist?
Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, aber vielleicht war es tatsächlich der Fuchs mit Maus, eine Skulptur von Mark Manders von 1993, die wir 1994 auf der Art Basel erworben haben. Wir sahen den Fuchs bei der Galerie Zeno X aus Antwerpen und haben uns quasi sofort verliebt. Wir haben uns die Arbeit bis zum nächsten Tag reservieren lassen, obwohl klar war, dass wir sie unbedingt haben mussten. Andererseits gibt es bei Ankäufen einen Grundsatz, den wir weitgehend durchgehalten haben, nämlich nie nach dem ersten Eindruck sofort zu entscheiden. Die Reservierung erfolgte aber schon nach wenigen Minuten – zum großen Erstaunen des Galeristen. Später erfuhren wir dann, dass dies die Examensarbeit von Mark war.
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