Rubens nutzte künstlerische Vorbilder, um etwas völlig Neues zu schaffen. Eine Ausstellung soll diesen kreativen Prozess nun sichtbar machen. Wie genau, das zeigt unser Blick in die Ausstellungsplanung.
Jedes Kunstwerk ist eine Erzählung für sich, im Falle von Peter Paul Rubens meist eine besonders eindrückliche und dramatische. Vor allem seine mythologischen oder religiösen Gemälde wirken auf den Betrachter ganz unmittelbar. Gleichzeitig ist jedes Werk Teil eines größeren kunsthistorischen Kontexts. Und auch hier wird es bei Rubens besonders spannend: Der Barockmaler hat sich von berühmten Zeitgenossen und Vorgängern, aber auch von der Antike anregen lassen und nicht bloß kopiert – er hat aus den Vorbildern etwas völlig Neues geschaffen. Genau hier setzt die Ausstellung Rubens. Kraft der Verwandlung an.
Wie aber macht man diesen künstlerischen Prozess in einer Ausstellung sichtbar? Wie werden die kreativen Wege, die manchmal von einer Skulptur über eine kleinformatige Zeichnung bis hin zum monumentalen Gemälde führen, für den Besucher auf einen Blick erfahrbar? Als Ausstellungsmacher wird man hier selbst zum Erzähler – und die Architektur zum wichtigsten Stilmittel.
Ob kleinformatige Skizze oder großes Gemälde, die Rubens-Schau will Verbindungen sichtbar machen. Die Werke der Ausstellung sollen gleichzeitig aber auch eigenständig wirken können. In Zusammenarbeit mit dem Darmstädter Architekturbüro Bach Dolder haben wir einen Parcours entwickelt, der mithilfe von Durchblicken, Achsen und Gegenüberstellungen genau dies leistet. Die Anordnung der Kunstwerke selbst liegt dabei in der Hand des Kurators. Wichtigstes Hilfsmittel bei der monatelangen Planung war ein 3D-Modell. Im Gegensatz zu einem physischen Miniaturmodell bietet die Ausstellungsplanung am PC den Vorteil, sich in den Räumen bewegen und Blickachsen direkt nachvollziehen zu können.
Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Druckgrafiken, Kleinkunst oder Buchillustrationen: Gattungsübergreifend entwickelte Rubens mittels Anverwandlung und Neuinterpretation innovative Kompositionen. An den Wänden müssen die unterschiedlichen Materialien, Größen und Formate so positioniert werden, dass ihre Bezüge untereinander nachvollziehbar sind. Die Betrachter sollen am Ende lebensgroße Skulpturen, kleinformatige Studien auf Papier und eindrucksvolle Leinwandbilder gemeinsam erfassen können.
Die einzelnen Werke brauchen nicht nur Platz, sie müssen auch in einer angemessenen Höhe präsentiert werden. Für den durchschnittlich 1,70 Meter großen Besucher hängen die Gemälde im Städel in der Regel mit ihrer Bildmitte in einer komfortablen Höhe von 1,55 Meter. Möchte man jedoch mit der Hängung einer 20 x 20 Zentimeter großen Zeichnung zu einem Vergleich mit einer 2 x 2 Meter messenden Leinwand anregen, müsste die große Leinwand demnach deutlich tiefer als die kleinere Zeichnung hängen. In vielen Fällen bietet es sich deswegen an, die Werke nicht nebeneinander, sondern mit etwas Distanz auf rechtwinklig zueinander stehenden Wandabschnitten zu hängen.
In der Ausstellung wollten wir aber auch raum- und sektionsübergreifende Bezüge herstellen. Daher werden die Wände „durchbrochen“. Diese Inszenierung erzeugt nicht nur zusätzliche Blickachsen, sie wirkt sich auch auf die Präsentation der Kunstwerke aus. Die Architektur tritt zurück, die Wände wirken weniger massiv und heben dabei die großformatigen Leinwände hervor.
Bei seinen Zeichnungen nach antiken Skulpturen hielt Rubens häufig ungewöhnliche Ansichten fest. Sie zeigen, wie er die dreidimensionalen Objekte umschritt, um besonders ausdrucksstarke Partien zu zeichnen. Die Besucher sollen dieses Vorgehen anhand der freistehenden Skulpturen in der Ausstellung selbst nachvollziehen können. Die offene Raumgestaltung ermöglicht zudem auch Ansichten aus größerer Entfernung.
So hilfreich und wichtig das 3D-Modell in der Vorbereitungsphase ist, wirklich spannend wird es erst kurz vor der Ausstellung, wenn die Kunstwerke angeliefert werden und die Originale Rubens’ Verwandlungen sichtbar machen. Wandfarbe und Licht setzen sie richtig in Szene und geben der Inszenierung ihren letzten Schliff.
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