Er ist nicht Teil der Becher-Klasse, dennoch Schüler seiner Eltern: Max Becher, Sohn von Bernd und Hilla Becher und selbst Fotokünstler in den USA. Zur aktuellen Ausstellung kam er ins Städel.
Herr Becher, Sie haben sich eben die Ausstellung Fotografien werden Bilder angesehen – wie gefällt sie Ihnen?
Max Becher: Die Ausstellung zeigt natürlich sehr gute Künstler. Interessant finde ich vor allem die Darstellung und die Interpretation. Es gab zwar schon viele Ausstellungen zu den Becher-Schülern, normalerweise werden die Positionen aber ziemlich klar voneinander getrennt. Die Gegenüberstellung der Ähnlichkeiten dieser verschiedenen Künstler ist mir neu.
Inwiefern glauben Sie, dass Ihre Eltern ihre Schüler beeinflusst haben?
Becher: Ich glaube, meine Eltern waren ein Vorbild. Und sie haben bestimmte Sachen gemocht – oder eben nicht. Dadurch gab es für die Schüler eine Art Rahmen, innerhalb oder jenseits dessen sie etwas entdecken konnten. Ich habe das Gefühl, manches wurde nicht direkt besprochen, sondern hat sich eher durch diese Grenzen ergeben.
In den Arbeiten, die hier ausgestellt sind, sehe ich gerade Linien und rechte Winkel als gemeinsamen Nenner, Kompositionen, die eher auf die klassische Malerei vor der Moderne zurückgehen. Sowas war in den Siebzigern eher verpönt. Da gab es viel Straßenfotografie und Kleinbildfotografie, alles musste sehr kontrastreich und dynamisch sein. Meine Eltern haben die Fotografie wieder aufs Klassische zurückgeführt, was für ihr Subjekt perfekt war. Sie haben ein Thema des 19. Jahrhunderts – Architekturzeugnisse der Industrialisierung – mit einer Technologie und auch der Ästhetik des 19. Jahrhunderts zusammengebracht. Konsequenter als je zuvor. Und die Schüler konnten eine solche Methode dann auf ihre Gegenwart übertragen, jedenfalls zu Anfang. Da spielten natürlich die neuen Möglichkeiten wie Farbe und Bildgröße eine wichtige Rolle.
Sie selbst sind auch Fotokünstler und arbeiten eng mit Ihrer Frau Andrea Robbins in den USA zusammen. Man sagt ja immer, Sie seien kein Becher-Schüler…
Becher: „Bin nicht Schüler meiner Eltern“ war einmal eine Schlagzeile, leider.
Sie sind also kein Schüler Ihrer Eltern?
Becher: Doch ich bin ein Schüler meiner Eltern. Jedes Kind ist Schüler seiner Eltern. Und ich habe natürlich viel von ihnen gelernt. Aber ich war nicht in der Klasse. Es wäre einfach unehrlich zu behaupten, ich sei „Becher-Schüler“. Ich hatte andere Lehrer in anderen Schulen, und habe auch viel von Andrea gelernt. Trotzdem habe ich bei unserer Arbeit immer daran gedacht: Was würden meine Eltern davon halten? Meine Frau und ich würden zum Beispiel lieber keine schiefen Bilder machen. Oder wenn, dann müsste es einen guten Grund haben. Also, was die formalistische, die ästhetische Haltung angeht, orientiere ich mich schon an meinen Eltern und dieser Tradition. Es ist auch sehr schwer, dagegen zu argumentieren, denn es funktioniert. Aber dieses Formale ist auch nur ein Werkzeug, um den Inhalt des Bildes besser zu transportieren.
Was haben Sie von den Lehrtätigkeiten Ihrer Eltern als Kind mitbekommen?
Becher: Anfangs kamen die Schüler ja oft zu uns nach Hause. Unser Wohnzimmer, die Küche, das Atelier waren ja praktisch wie Klassenzimmer. Als Kind habe ich das so halbwegs mitbekommen, die erste Klasse habe ich teilweise noch persönlich kennengelernt. Als ich dann mit zwölf Jahren nach Amerika gegangen bin, war das natürlich alles sehr weit weg.
Derzeit sind Sie wieder viel in Deutschland, um den Nachlass Ihrer Eltern zu verwalten. Stehen Sie mit den Künstlern, die hier ausgestellt sind, in Kontakt?
Becher: Bisher nicht so richtig, aber das wird sich jetzt hoffentlich ändern. Es gibt derzeit Gespräche darüber, etwas in Düsseldorf zu machen, eine Art Museum für Fotografie. Hier soll es nicht um die Bechers gehen, sondern um den Themenkomplex Becher, Fotografie, Düsseldorf. Dadurch wäre es schön, wenn alle früheren Becher-Schüler mitmachen würden oder zumindest konsultiert werden können. Wir diskutieren gerade sehr breit, wie so ein Museum aussehen könnte. Ich hoffe, dass alles so demokratisch wie möglich abläuft.
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