Navigation menu

Alte Meister up to date

Subtil statt knallbunt: Sammlungsbereiche erfinden sich immer wieder neu und sind ständig in Bewegung – was bringt die beliebten Meisterwerke der Sammlung neu zum Strahlen?

Bastian Eclercy — 8. Februar 2022

Auch Galerieräume bedürfen von Zeit zu Zeit eines Tapetenwechsels. Zehn Jahre nach der letzten grundlegenden Umgestaltung der Alten Meister im Städel Museum war es 2021 wieder soweit: Die Säle im Obergeschoss des Mainflügels erstrahlen nun in neuem Glanz und laden Besucherinnen und Besucher dazu ein, die Sammlung mit frischem Blick zu erkunden. Im Fokus des über ein Jahr lang geplanten Projekts stand die Präsentationsästhetik, die wir in jeder Hinsicht auf den neuesten Stand gebracht haben. Faszinierende Möglichkeiten eröffneten dabei die Weiterentwicklungen im Bereich der Beleuchtungstechnik, die scheinbar vertraute Gemälde zum Strahlen bringen wie nie zuvor und dennoch den Stromverbrauch reduzieren.

Foto: Städel Museum – Wolfgang Stahr

Foto: Städel Museum – Wolfgang Stahr

So wurde nicht nur die Kunstlichtzufuhr der Oberlichter in den großen Sälen auf LED umgestellt; auch die bislang mit punktuellen Spots ausgeleuchteten Seitenkabinette konnten mit eigens eingezogenen Lichtdecken auf LED-Basis diesem Standard angepasst werden. Damit wirkt die Lichtsituation deutlich einheitlicher und bringt die Farbigkeit der Bilder optimal zur Geltung, die nun eher leuchtend als beleuchtet erscheinen.

Foto: Städel Museum – Wolfgang Stahr

Foto: Städel Museum – Wolfgang Stahr

Dieser in jedem Raum individuell regulierbare Effekt ist höchst subtil und unaufdringlich, doch gleichzeitig macht er sich bei vielen Gemälden so überzeugend bemerkbar, dass es uns selbst erstaunt hat. Die große „Gewitterlandschaft mit Pyramus und Thisbe“ von Poussin gibt dafür ein eindrucksvolles Beispiel ab: Nie zuvor kam dort die Tiefe des Raumes so sehr zum Tragen, dass man das Gefühl hat, man könne förmlich in die Landschaft hineinspazieren.

Foto: Städel Museum – Norbert Miguletz

Foto: Städel Museum – Norbert Miguletz

Farbe ist eine Funktion des Lichts, und so haben wir uns erst nach der Entscheidung für ein Beleuchtungssystem an die Auswahl der Wandfarben gemacht. In den vergangenen zehn Jahren hatten bei den Alten Meistern intensive, kraftvolle Buntfarben dominiert, die vielleicht bisweilen auch mit den Bildern um Aufmerksamkeit konkurrierten. Unsere Wahl fiel auf ein dezidiertes Gegenkonzept, das die Besucherinnen und Besucher dazu herausfordern soll, die Gemälde neu zu sehen und über die Wirkung der Präsentationsästhetik auf die eigene Wahrnehmung zu reflektieren. Ein elegantes Understatement von fein aufeinander abgestimmten Grau-, Blau- und Grüntönen prägt nun die Räume und bietet einen Fond, der sich selbst zurücknimmt und die Bilder als Protagonisten der Präsentation unterstützt.

Foto: Städel Museum – Wolfgang Stahr

Foto: Städel Museum – Wolfgang Stahr

Auch Wand- und Labeltexte haben wir bei der Gelegenheit aktualisiert, ergänzt und dem neuen Design angepasst. Zudem bot sich die Möglichkeit, Neuerwerbungen aufzunehmen, die neue Kabinettausstellung „Doppelgänger“ einzurichten und die Hängung in verschiedenen Räumen zu modifizieren, insbesondere bei den holländischen und flämischen Gemälden, die nun nicht mehr nach Schulen getrennt, sondern thematisch gruppiert sind.

Foto: Städel Museum – Wolfgang Stahr

Foto: Städel Museum – Wolfgang Stahr

Seit kurzem sind schließlich diverse Meisterwerke, die in den letzten Monaten als Leihgaben in aller Welt unterwegs waren, in die Galerie zurückgekehrt: Botticelli, Bronzino, Ribera, Rembrandt, Vermeer – wir hatten sie schmerzlich vermisst und waren zugleich stolz, dass sie das Städel Museum in bedeutenden Ausstellungen repräsentiert und diese bereichert haben. Jetzt haben die Publikumslieblinge ihre angestammten Plätze wieder eingenommen, und die neue Gestaltung bereitet ihnen einen würdigen Empfang.

Foto: Städel Museum – Norbert Miguletz

Jede Menge Gründe also, die einzigartige Sammlung Alter Meister im Städel Museum wieder einmal zu besuchen – im neuen Glanz.

Foto: Städel Museum – Wolfgang Stahr

Foto: Städel Museum – Wolfgang Stahr


Der Autor Bastian Eclercy ist Sammlungsleiter für die italienische, französische und spanische Malerei vor 1800 am Städel Museum.

In der Sammlung der Alten Meister sind rund 400 Werke ausgestelt. Bei der Umgestaltung wurden über 900 neue LED-Leuchten eingebaut und insgesamt 3620 m² Wandfläche neu gestrichen – das enspricht 1.100l Farbe!

Diskussion

Fragen oder Feedback? Schreiben Sie uns!

Mehr Stories

  • Hinter den Kulissen

    Wie wird aus einem „Alten Meister“ ein Podcast?

    „Blinded by Rembrandt“ – die Podcast-Serie mit Michel Abdollahi: Vier Folgen zu nur einem Bild. 

  • Community-Event zur Rembrandt-Ausstellung

    Call me Rembrandt!

    Wie viel Rembrandt steckt in Dir? Rembrandt – ein großer Name, ein weltberühmter Meister, eine Marke – vielleicht ein Influencer? Das erfahrt ihr bei unserem exklusiven Community-Event am 12. November – bewerbt euch für einen der begehrten Plätze!

  • Philipp Demandt im Interview

    Neue Farben für Alte Meister

    Da tut sich was! Wieso die Alten Meister gerade jetzt geschlossen sind und auf was wir uns freuen können, wenn der Sammlungsbereich im Herbst wieder öffnet, verrät Direktor Philipp Demandt im Interview.

  • Untersuchung mit MA-XRF-Scans

    Rembrandts Farben auf der Spur

    Dramatisch und voller Leuchtkraft – so inszenierte Rembrandt vor fast 400 Jahren „ Die Blendung Simsons“. Nun werden die Pigmente des Gemäldes entschlüsselt: Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend!

  • Interview mit Joachim Jacoby

    Städels Erbe

    Die Geschichte des Städel begann vor über 200 Jahren mit dem Kaufmann Johann Friedrich Städel, dessen Sammlung Tausende Zeichnungen umfasste.

Newsletter

Wer ihn hat,
hat mehr vom Städel.

Aktuelle Ausstellungen, digitale Angebote und Veranstaltungen kompakt. Mit dem Städel E-Mail-Newsletter kommen die neuesten Informationen regelmäßig direkt zu Ihnen.

Beliebt

  • Städel | Frauen

    Marie Held: Kunsthändlerin!

    Teil 5 der Porträt-Reihe „Städel | Frauen“.

  • Fantasie & Leidenschaft

    Eine Spurensuche

    Bei der Untersuchung von über 100 italienischen Barockzeichnungen kamen in der Graphischen Sammlung bislang verborgene Details ans Licht.

  • Städel Mixtape

    Kann man Kunst hören?

    Musikjournalistin und Moderatorin Liz Remter spricht über Ihre Arbeit und den Entstehungsprozess des Podcasts.

  • Städel | Frauen

    Künstlerinnen-Netzwerke in der Moderne

    Kuratorin Eva-Maria Höllerer verdeutlicht, wie wichtig Netzwerke für die Lebens- und Karrierewege von Künstlerinnen um 1900 waren und beleuchtet deren Unterstützungsgemeinschaften.

  • Muntean/Rosenblum

    Nicht-Orte

    Anonyme Räume, flüchtige Begegnungen: Kuratorin Svenja Grosser erklärt, was es mit Nicht-Orten auf sich hat.

  • Städel Mixtape

    #42 Albrecht Dürer - Rhinocerus (Das Rhinozeros), 1515

    Ein Kunstwerk – ein Soundtrack: Der Podcast von Städel Museum und ByteFM.

  • Alte Meister

    Sammler, Stifter, Vorbild

    Sammlungsleiter Bastian Eclercy und Jochen Sander im Interview zum neuen Stifter-Saal.

  • ARTEMIS Digital

    Digitales Kunsterlebnis trifft wegweisende Demenz-Forschung

    Wie sieht eine digitale Anwendung aus, die Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen zeit- und ortsungebunden einen anregenden Zugang zur Kunst ermöglicht? Ein Interview über das Forschungsprojekt ARTEMIS, über Lebensqualität trotz Krankheit und die Kraft der Kunst.

  • Städel Dach

    Hoch hinaus

    Die Architekten Michael Schumacher und Kai Otto sprechen über Konzept, Inspirationen und die Bedeutung des Städel Dachs für Besucher und die Stadt.

  • Gastkommentar

    Kunst und die innere Uhr mit Chronobiologe Manuel Spitschan

    Was sieht ein Chronobiologe in den Werken der Städel Sammlung?

  • Städel Digital

    Städel Universe: Von der Idee zum Game

    Im Interview gibt Antje Lindner aus dem Projektteam Einblicke in die Entstehung der hybriden Anwendung.

  • Engagement

    Die „Causa Städel“

    Was an Städels letztem Willen so besonders war und worauf man heute achten sollte, wenn man gemeinnützig vererben möchte.